Wer es nicht mit eigenen Augen sieht, hielte es kaum für möglich, was aus der Hilfsorganisation HOPE Mallorca in nur drei Monaten geworden ist. Mitten im spanischen Lockdown gegründet, hat der gemeinnützige Verein inzwischen 35 ehrenamtliche Helfer und gibt als Ziel nichts Geringeres aus als „die Insel zu retten". Und in der Tat gehen die beiden Gründerinnen Jasmin Nordiek und Heimke Mansfeld mit Enthusiasmus und Tatendrang zu Werke. Da die beiden Norddeutschen daneben auch noch bestens auf der Insel vernetzt sind, gipfelten die Bemühungen am vergangenen Samstagabend (25.7.) in einer Doppelveranstaltung in Santanyí - einem Benefiz-Nachtmarkt und einer zeitgleich laufenden Charity-Gala. Ort des Geschehens war das Restaurant „Henry likes Pizza", dem dritten Lokal der Kette von Schauspieler Til Schweiger, das in Santanyí Paco Martínez gehört.
Der Schauspieler durfte an dem Abend natürlich nicht fehlen. „Wir sind gar nicht aktiv an Til Schweiger herangetreten", erzählte Jasmin Nordiek. „Das hat Paco Martínez für uns erledigt, der ihm von unserem Engagement berichtet hat." Schweiger, der Wahl-Mallorquiner mit einer weitläufigen Finca vor den Toren von Palma, war nach einem Gespräch mit Martínez schnell bereit, seinen Teil beizusteuern. Und Schweiger beließ es denn auch nicht bei seiner bloßen Anwesenheit. Er versteigerte seine eigene Person - der Meistbietende darf nun gemeinsam mit ihm und einer Begleitperson ein Abendessen im „Henry likes Pizza" genießen. Was den Sieger der Auktion dabei erwartet, stellt Schweiger am Rand der Veranstaltung im Gespräch mit der Mallorca Zeitung klar: „Einen netten Typen, der lustig ist."
Verschobene Dreharbeiten
Der Schauspieler, der den Lockdown in Deutschland verbrachte, räumte ein, dass ihn die von oben verordnete Zeit des Nichtstuns belastete. „Einige meiner Freunde sind Beamte, die haben ihre festen Einnahmen und waren ganz froh, dass es mal etwas ruhiger war. Aber ich fand es furchtbar", so Schweiger zur MZ. „Wenn ich zwei Wochen auf der Luftmatratze durch meinen Pool paddle, dann langweile ich mich zu Tode. Ich muss arbeiten, etwas tun, Leute kennenlernen."
Und Projekte hätte er ja jede Menge gehabt. Zum einen war da das „Henry likes Pizza" in Santanyí, das im März hätte eröffnen sollen. Außerdem hatte er einen Dokumentarfilm über den Fußball-Weltmeister von 2014, Bastian Schweinsteiger, gedreht. „Der sollte eine große Premierenvorstellung in München bekommen mit allen Darstellern. Auch Jupp Heynckes wäre gekommen", sagte Schweiger. „Es war jammerschade, dass wir das absagen mussten." Inzwischen ist der Film bei Amazon Prime verfügbar. Die Kritiker sind durch die Bank begeistert. Und auch die Protagonisten zeigten sich gerührt: Bundestrainer Joachim Löw schickte Schweiger eine virtuelle Umarmung per Handynachricht.
Darüber hinaus musste Schweiger aber auch die Dreharbeiten für seine beiden geplanten Kinofilme verschieben. Im September legt Schweiger nun mit dem Dreh zu der Tragikomödie „Die Rettung der uns bekannten Welt" über einen Teenager mit bipolarer Störung los. Erst 2021 soll dann „Kurt", ein Roman von Sarah Kuttner, verfilmt werden.
Mit im Gepäck hatte Schweiger einen Schauspielerfreund: Jan Josef Liefers samt Gemahlin, der gerade bei Schweiger Urlaub macht, wurde kurzerhand zum Benefizabend mitgenommen. „Ich habe erst am Tag zuvor davon erfahren", sagte Liefers, der momentan die für Juli-Verhältnisse wenig überlaufene Insel genießt und einen Appell an die Deutschen richtet: „Es ist herrlich hier, kommt alle nach Mallorca!" Überhaupt herrschte regelrechter Promi-Alarm an dem Benefizabend. Neben Schweiger und Liefers war auch der Schauspieler Jochen Horst gekommen, bekannt aus „Derrick", „Rosamunde Pilcher" oder „Alarm für Cobra 11", oder etwa auch Sänger Dennis Mansfeld, Sohn von HOPE-Gründerin Heimke Mansfeld.
Eigener Song für die Initiative
Der auf Mallorca aufgewachsene Künstler hatte ein besonderes Geschenk dabei: eine eigens für die Hilfsorganisation komponierte Hymne mit dem passenden Titel „Esperanza para ti" (Hoffnung für dich). In der für ihn typischen, manchmal etwas eigenwilligen Mischung aus Englisch und Spanisch singt Mansfeld darin über die schwierige Situation auf der Insel, aber auch über Liebe und Hoffnung. „Ich wollte das Projekt auch unterstützen. Und womit kann ein Musiker nun mal am besten helfen? Mit seiner Stimme und der Musik", so Mansfeld zur MZ.
Das Lied, das wohl Mitte August in den Handel geht, läuft komplett unter dem Namen von HOPE Mallorca auf den gängigen Plattformen wie iTunes oder Spotify. Alle Einnahmen, die abzüglich der Gebühren an die Plattformen einlaufen, kommen laut dem Musiker zu 100 Prozent dem Hilfsprojekt zugute. Zusätzlich versteigerte Mansfeld bei der Spendengala ein Wohnzimmerkonzert.
Den HOPE-Mallorca-Song präsentierten Mansfeld und seine vier Bandmitglieder - drei Mallorquiner und ein Brasilianer - den Gästen neben anderen Titeln auch gleich an dem Abend. Die Bandmitglieder sind selbst auch von der Krise betroffen. Die Auftritte haben sich stark reduziert, denn die Musiker spielen üblicherweise viel in Hotels oder in Bars. „Wenn das alles wegfällt, dann kann einem schon angst und bange werden", so Mansfeld. Er selbst sitzt gerade an seinem ersten Album.
Seine Mutter und Mitinitiatorin unterstrich gegenüber der MZ die Dringlichkeit des Engagements. „Wir werden förmlich überrannt und hätten nie gedacht, dass die Situation auf Mallorca einmal so kritisch werden könnte." Und wo es jetzt bereits kritisch sei, da werde es im Herbst und Winter desaströs. Bereits jetzt verteilt HOPE Mallorca Woche für Woche an drei Tagen über 900 Tüten mit Lebensmitteln an Einheimische. „Es gibt Hunger auf Mallorca. Das muss man sich mal vorstellen", so Jasmin Nordiek vor den rund 100 Gästen der Spendengala.
Deshalb wollen sie und Heimke Mansfeld sich auch die kommenden Monate praktisch ohne Unterlass weiter engagieren - üblicherweise telefonieren die beiden schon früh um fünf Uhr das erste Mal miteinander, abends gegen 23 Uhr dann das letzte Mal. Seit Anfang der Woche gibt es darüber hinaus auch eine Kooperation mit dem Lions Club in Palma, der im Rahmen seiner Tafel-Initiative „Comida para todos" Essen zu HOPE Mallorca liefert. Und mit dem Erlös des Abends, insgesamt 26.500 Euro, sei auch fast schon der gesamte Winter für Santanyí gesichert.