Die Sprache Mallorcas - Gute Gründe für den Unterricht auf Katalanisch

Die Schulanmeldungen stehen bevor. Erstmals soll es in einigen Schulen für Eltern die Möglichkeit geben, Spanisch als Unterrichtssprache auszuwählen. Wir haben einen Katalanisch-Lobbyisten gebeten, uns die Gründe zu erklären, warum sie das nicht tun sollten

Diada per la llengua - Aktionstag für Katalanisch auf Mallorca

Diada per la llengua - Aktionstag für Katalanisch auf Mallorca / Guillem Bosch, Europa Press

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Katalanisch oder Spanisch? In welcher Sprache sollen die Kinder auf Mallorca unterrichtet werden? Nachdem jahrzehntelang zumindest an den öffentlichen und halbstaatlichen Schulen auf den Balearen der Unterricht größtenteils auf Katalanisch stattfand, will die Landesregierung nun auf Drängen der rechtsextremen Partei Vox die Möglichkeit eröffnen, dass bis zu 50 Prozent des Unterrichts auf Spanisch stattfinden kann. Ab dem Schuljahr 2024/25 soll diese Option in einigen öffentlichen und halbstaatlichen Schulen in den Grundschulklassen und in bestimmten Fächern bestehen.

Die Schulen können dabei frei entscheiden, ob sie sich diesem Plan anschließen oder nicht. Die Schulleitungen haben noch bis zum 20. Mai Zeit, um dem Bildungsministerium ihr Interesse an dieser Option mitzuteilen. Danach müssen noch mindestens 20 Prozent der Schülereltern aus jeder Klassenstufe Spanisch als vorrangige Unterrichtssprache wählen und – zumindest in den öffentlichen Schulen – noch die Lehrerkollegien zustimmen.

Finanzielle Mittel

Erst dann soll Spanisch als Unterrichtssprache angeboten werden. Das Bildungsministerium stellt den teilnehmenden Schulen finanzielle Mittel in Aussicht, um die Klassen dann in den betreffenden Unterrichtsstunden in spanisch- und katalanischsprachige Gruppen aufteilen zu können.

Die Schulanmeldungen beginnt ebenfalls am 20. Mai. Im Laufe dieses Prozesses werden die Eltern dann vor der Frage stehen, ob sie ihr Kreuzchen bei „Spanisch“ machen – oder eben nicht. Vor allem ausländische Eltern sind häufig der Meinung, dass ihre Kinder in der Schule lieber mehr Spanisch und weniger bis gar kein Katalanisch lernen sollten. Sie bezweifeln vielfach den Nutzen des Katalanischen und befürchten eine Überforderung der Kinder, die häufig ja auch erst einmal Spanisch lernen müssen.

Mit diesem Flugblatt wirbt die OCB für Katalanisch in der Schule.

Mit diesem Flugblatt wirbt die OCB für Katalanisch in der Schule. / privat

Wir haben den Präsidenten der Katalanisch-Lobby Obra Cultural Balear (OCB), Antoni Llabrés, zu diesen Bedenken befragt. Die OCB wirbt derzeit mit Flugblättern und Videos auf zehn verschiedenen Sprachen, darunter Deutsch, aber auch Arabisch oder dem im Senegal gesprochenen Wolof, für Katalanisch. Wie auch die Teilnehmer an einer Großkundgebung am Samstag (5.5.) befürchtet Llabrés, dass die Inselsprache bei einem Ausbau des Spanischunterrichts langfristig in Gefahr geraten könnte, weil zu viele Jüngere sie dann nicht mehr richtig erlernen würden.

1. Warum sollen meine Kinder Katalanisch sprechen?

Der Hauptgrund liegt für Llabrés auf der Hand: „Die Kinder und Jugendlichen sind mit der Sprache viel besser in ihre Umgebung integriert und können sich mit den Menschen in ihrem Umfeld in deren Muttersprache austauschen.“ Sicher komme es ein wenig darauf an, in welcher Umgebung die Kinder aufwüchsen. So sei beispielsweise in einer Touristenhochburg an der Küste das Katalanische nicht so prominent im Alltag vertreten wie in einem Dorf in der Inselmitte.

Die unter Einheimischen vorherrschende Sprache aber sei nun einmal das mallorquí, ein Dialekt des Katalanischen. „Sie zu beherrschen, öffnet auf der Insel Türen, ermöglicht es, am öffentlichen Leben teilzunehmen und verschafft Zugehörigkeit“, sagt Llabrés.

2. Überfordere ich meine Kinder nicht damit?

„Hier appelliere ich an die Eltern, den Fähigkeiten der Lehrkräfte und vor allem ihrer eigenen Kinder zu vertrauen“, sagt Llabrés. In vielen Klassenzimmern auf den Inseln säßen Kinder aus zahlreichen verschiedenen Ländern, die „nach wenigen Wochen“ bereits das Katalanische ganz natürlich benutzen würden.

Die Lehrkräfte auf Mallorca hätten reichlich Erfahrung damit, Kinder mit unterschiedlichen Muttersprachen so zu integrieren, dass sie alle dem Unterricht folgen können. Kein Elternteil müsse befürchten, dass das Kind plötzlich in Mathematik oder Biologie wegen der Sprache nicht mehr durchblicke.

Antoni Llabrés von der OCB.

Antoni Llabrés von der OCB. / DM

3. Lernen die Kinder dann überhaupt richtig Spanisch?

Auch dieses Argument lässt Llabrés, der als Strafrichter in Palma arbeitet, nicht gelten. „Alle Studien zeigen, dass die Kinder auf Mallorca Spanisch und Katalanisch gleich gut beherrschen, wenn sie von der Schule abgehen.“ Spanisch lernten die Kinder und Jugendlichen ohnehin auf der Insel, weil es im Alltag und in den Medien so präsent ist – auch das bewiesen die Studien.

„Wenn wir eine ähnliche Kompetenz in beiden Sprachen erreichen wollen, dann muss der Unterricht auf Katalanisch stattfinden“, sagt Llabrés. Auch die Befürchtung, dass die Kinder mit den Sprachen durcheinanderkommen, sei unbegründet. Zwar seien es zwei romanische Sprachen, die Ähnlichkeiten aufwiesen. Die Kinder seien aber fähig, sie auseinanderzuhalten.

4. Was hat das Katalanischlernen noch für praktische Vorteile?

Wer schon Katalanisch und Spanisch beherrscht, könne später auch viel leichter weitere romanische Sprachen lernen, meint Llabrés, der betont, dass 90 Prozent der Erdbevölkerung in einem mindestens zweisprachigen Umfeld aufwachsen. „In den 194 Staaten der Welt werden rund 6.000 Sprachen gesprochen“, sagt Llabrés. Dass Kinder nur mit einer Sprache aufwachsen, sei die Ausnahme.

Mehrere Sprachen zu beherrschen, „verleihe den Sprechern zudem geistige Agilität“, die schulischen Leistungen seien besser. Studien zeigten zudem, dass Mehrsprachigkeit das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen senke. Wer beide offiziellen Inselsprachen spreche, habe darüber hinaus später auf Mallorca sowie in Katalonien oder Valencia bessere Berufsaussichten, sagt Llabrés. Selbst falls aus politischen Gründen Katalanisch nicht mehr Voraussetzung für eine Stelle in der öffentlichen Verwaltung sein sollte – Zusatzpunkte werde es dafür immer geben.

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