Mallorca Zeitung

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Ballermann mit Stil – so schläft es sich im renovierten Hotel Neptuno direkt neben dem Megapark

Das Hotel Neptuno existiert schon länger als die Straßenbeleuchtung an der Playa de Palma und soll jetzt in die Zukunft weisen. Doch noch ist die Gegenwart unübersehbar

Im Hotel Neptuno hat man den Megapark immer im Blick. Patrick Schirmer Sastre

Es gibt wohl nicht viele Gebäude, in denen die Vergangenheit und die angestrebte Zukunft an der Playa de Palma so nah beieinander sind. Wer das Hotel Neptuno vom Carrer Llaüt aus betritt, gelangt in die geräumige, aber doch etwas in die Tage gekommene Lobby. Ganz anders ist der Anblick für jene, die sich vom Strand aus nähern. Joy Palace steht rot- und türkisfarben in Retroschrift an der Fassade. Wer hier eintritt, findet sich in einem Lokal mit dem Disco-Chic der 70er-Jahre. Ein DJ thront hoch oben auf einer Empore neben der Bar. Hier, umrahmt vom Megapark rechts und vom Oberbayern links, ist er also: der neue, elegante Ballermann, an dem sich stilvoll feiern lässt.

Zwischen Megapark und Oberbayern: Das Hotel Neptuno mit dem Joy Palace. Patrick Schirmer Sastre

"Haben uns jahrelang gesträubt"

Seit Anfang 2023 gehört das Hotel der vom Schweizer Unternehmer Alfred Erhardt gegründeten Kette Universal Beach Hotels. Aus einem Gästehaus mit Halbpension in erster Meereslinie hat sie ein Vier-Sterne-Adults-Only-Haus gemacht. Das Ende April eröffnete Neptuno ist das einzige Hotel der Kette an der Playa de Palma. „Wir haben uns jahrelang gesträubt, hier zu investieren, da die Art des Tourismus, die hier vorherrschte, nicht in unser Portfolio passte“, sagt der CEO der Kette und Enkel des Firmengründers, Yannik Erhart. „Mittlerweile gibt es aber deutliche Bestrebungen, die Zone zu verbessern, deshalb haben wir uns für diesen Schritt entschieden.“

Den ersten Sommer bestritt das Hotel noch im alten Gewand. Im Winter begannen dann die Umbauarbeiten. Universal modernisierte die Zimmer und gestaltete das Club-Restaurant Joy Palace um. Wenn die Saison vorbei ist, geht es mit den Arbeiten weiter. Dann sind Lobby und Rezeption an der Reihe. Auch neue Suiten kommen hinzu.

Mit dem Wandel der Kundschaft will man derweil nicht bis zum kommenden Jahr warten. CEO Erhart gibt sich zuversichtlich, dass sich schon im Laufe dieser Saison herumsprechen wird, dass hier – nur wenige Meter von schwankenden Fußballtrikots und dem „Alles klar?“ der senegalesischen Straßenhändler – etwas Neues entstanden ist.

Wanddeko in der Lobby Patrick Schirmer Sastre

Überraschende Synergien

Bis es aber so weit ist, ergeben sich zwischen beiden Welten – dem alten und dem neuen Ballermann – überraschende Synergien. Eine Gruppe Jungs kommt am frühen Abend auf die Terrasse des Joy Palace. Man sieht ihnen an, das sie nicht vor dem ersten Getränk des Abends stehen. Manche von ihnen tragen Fußballtrikots, andere kurze Hosen und kurzärmlige Hemden im Leoparden-Muster. Klassischer Playa-Chic. Sie bestellen zwei Flaschen Moët & Chandon, die Kellner servieren sie mit Wunderkerzen. Der Sicherheitsmann beobachtet die Gruppe aus dem Augenwinkel, sagt aber nichts. Nur als sie Eintracht-Frankfurt-Fangesänge anstimmen, sieht es kurz so aus, als ob die friedliche Stimmung kippen könnte.

Vielleicht ist es Träumerei oder gar Wahnsinn, ausgerechnet hier die Aufwertung des Ballermanns mitgestalten zu wollen. Aber das 1959 eröffnete Hotel, das seither denselben Namen trägt, hat noch ganz andere Zeiten erlebt. Im Büro der Hotelleitung hängen vier Luftaufnahmen aus den Anfangsjahren. Auf der ältesten von ihnen ist das Hotel allein auf weiter Flur, nur umgeben von Kiefernwald. Auf einem anderen Bild steht ein weiteres Haus daneben, dort wo sich heute der Megapark befindet. Auf einem weiteren Bild ist zu erkennen, dass damals die Bettlaken des Hotels auf Leinen zwischen den Bäumen aufgehängt wurden.

Das Joy Palace

Auch der Name „Joy Palace“ ist kein Zufallsprodukt. So hieß bis zu seiner Schließung im Jahr 2005 eine Kellerdisco, die sich direkt nebenan befand. DJ Sammy, der im alten Joy Palace der Resident-DJ war, ist in seiner ehemaligen, zum Club-Restaurant umgewandelten Spielstätte ebenso schon vorbeigekommen wie die Sängerin Loona, die ebenfalls regelmäßig in der Disco auftrat.

„Gute Menschen, gute Laune, gute Musik“, beschreibt Pedro Correia das Konzept des alten und des neuen Joy Palace. Der Portugiese ist „Corporate Experience Manager“ und arbeitet schon seit über 20 Jahren in der Unterhaltungsbranche in verschiedenen Hotelketten. Er sagt, das Entertainment habe sich in den Urlaubsorten verkompliziert. In vielen besseren Lokalen müsse man reservieren und zu Abend essen, um eine Show zu sehen. „Wir wollen das Ganze entspannter angehen.“ Wer tanzen will, tanzt. Wer essen will, isst.

Pedro Correia in der DJ-Kabine Nele Bendgens

Die Küche des Joy Palace setzt auf Street-food. An der Playa ist das zunächst nichts Ungewöhnliches. Nur wenige Meter vom Hotel entfernt gibt es Halbe-Meter-Bratwürste und Pizzaquadrate mit Leuchtsalami. Hier auf der Terrasse hingegen serviert Küchenchef Lucas Milei ein Thunfisch-Lachs-Ceviche in einer ausgehöhlten Kokosnuss auf Eis. Currywurst gibt es auch, die wird aus schwarzem mallorquinischem Schwein gemacht. Schon bald soll auf der Karte Streetfood von anderen Orten der Welt hinzukommen.

Das Showprogramm an diesem Abend dreht sich um die 80er-Jahre. Ein Duo aus Sängerin und Gitarrist covert Klassiker wie „Tainted Love“ und „She Works Hard For The Money“. Der DJ legt später mit Elektrobeats unterlegte Lieder aus dieser Zeit auf. In dem teils offenen Club-Restaurant entscheiden sich nur wenige Gäste zum Tanz. Noch ist es vergleichsweise kalt, der Wind weht stark und das Sommer-Feeling, das sich sicherlich in einigen Wochen einstellen wird, kommt noch nicht so richtig auf. Selbst die Urlauber, die sich im Laufe des Nachmittags eine erstaunliche Kälteunempfindlichkeit angetrunken haben, zieht es eher in den Megapark als zum Strand.

Der Barbereich des Joy Palace. Nele Bendgens

Eine Nacht im Epizentrum

Das Joy Palace schließt kurz vor Mitternacht. Der Megapark nebenan ist zu dem Zeitpunkt zwar noch gut gefüllt. Das Engagement der Besucher beim Mitsingen und Tanzen hängt aber auch da schon stark davon ab, welchen Song der DJ gerade spielt. An der Hotelrezeption reden drei betrunkene junge Männer in Bierkönig-T-Shirts auf den Mitarbeiter ein, der Nachtschicht hat. Er reagiert souverän, klatscht ab, wenn Abklatschen gefordert wird und hört nicht auf zu lächeln.

Das Hotelzimmer im dritten Stock bietet einen Rundumblick auf das faszinierende Treiben auf der Straße. Nah genug, um das Gefühl zu haben, mittendrin zu sein. Weit genug, um den Lärm und das grelle Licht der Megapark-Außenleinwand hinter der Balkontür und dem dicken Vorhang verschwinden zu lassen. Über dem Bett hängt eine stilisierte Vinylplatte. Sie ist mit einem leuchtenden „Joy“ verziert. Es gibt eine kleine Theke und einen kleinen roten Kühlschrank mit abgerundeten Ecken – wieder ein Gruß aus den 70er-Jahren.

Über dem Bett hängt eine stilisierte Vinylplatte Nele Bendgens

Das sagen die Urlauber

Am nächsten Morgen wandelt sich das Joy Palace zum Frühstücksraum. Hier sitzen Sophia, Niklas und Christoph, Hotelgäste, alle Mitte 20. Sie sehen etwas zerknittert aus, es ist ihr zweiter Urlaub am Ballermann. „Nähe zum Megapark“, erklärt Niklas, warum sie sich für das Hotel Neptuno entschieden haben. Sophia fügt hinzu: „Im Vergleich zu den anderen Hotels war es günstig. Und es hat gute Bewertungen.“ Rund 150 bis 200 Euro kostet hier die Nacht Anfang Mai, je nach Wochentag. Am Wochenende muss man mindestens vier Nächte am Stück buchen. Unter der Woche sind auch kürzere Aufenthalte möglich.

Dass das Hotel einen Imagewechsel anstrebt, wussten die drei jungen Urlauber aus Franken bei Reiseantritt nicht. Es scheint sie weder besonders zu begeistern noch groß zu stören. Dass der „alte Ballermann“ verdrängt werden könnte, macht ihnen aber keine Sorgen. Niklas lacht: „Nach drei Stunden kriege ich eh nichts mehr mit.“ Der Wandel an der Playa de Palma, sagt ein Hotelmitarbeiter, könnte sich noch eine Weile hinziehen.

Die Übernachtung erfolgte auf Einladung der Universal-Kette.

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