Mallorca Zeitung

Mallorca Zeitung

Im Restaurant oder Hotel: Das weiß kaum ein Urlauber und Resident über Leitungswasser auf Mallorca

Seit April 2022 müssen Betreiber von Restaurants, Bars und Hotels den Gästen auf Wunsch kostenlos "agua del grifo" servieren. Nicht alle tun das

Ein Kellner trägt Getränke auf eine Terrasse. | FOTO: B. RAMÓN

Viele Urlauber, aber auch einige Residenten wissen es nicht: Seit dem am 8. April 2022 erlassenen Abfall-Gesetz (Ley 7/2022, de 8 de abril de residuos y suelos contaminados para una economía circular) müssen Bars, Restaurants und Hotels ihren Kunden auf Wunsch kostenlos Leitungswasser (agua del grifo) in wiederverwendbaren Behältern servieren. So soll im Hotel- und Gaststättengewerbe der Gebrauch von Einweg-Artikeln reduziert werden. Da die Regelung etwas versteckt in einem Gesetz über Umweltschutz steht und nicht in einem zum Hotel- oder Gaststättengewerbe, hat womöglich auch der ein oder andere Gastronom oder Hotelbetreiber noch nichts davon mitbekommen. Andere wiederum suchen Schlupflöcher. Auch über zwei Jahre später kommt es in der Praxis auf Mallorca daher vor, dass das bestellte Leitungswasser plötzlich auf der Rechnung auftaucht. Was dann zu tun ist.

Kann man das Leitungswasser überhaupt trinken?

Zunächst stellt sich die Frage, ob das hiesige Leitungswasser überhaupt trinkbar ist. Die Antwort lautet: ja, zumindest in den meisten Fällen, wobei es oft nach Chlor schmeckt. Vor allem in Palma wird die Qualität ständig kontrolliert. Das Leitungswasser ist in keinem Fall gesundheitsschädlich. „In einigen Gemeinden, etwa in Sa Pobla, ist das Leitungswasser hingegen teils stark mit Nitraten, Nitriten oder Phosphaten belastet. Die Landwirte düngen die Böden, in denen sie Kartoffeln anpflanzen, damit“, erklärt Jesús Cuartero vom balearischen Gesundheits- und Verbraucherministerium. Das Leitungswasser in der Kartoffelhochburg sollte man daher besser nicht trinken. Auch in der Gemeinde Santanyí sei die Qualität alles andere als gut. Das Personal der Hotels, Restaurants und Bars in den genannten Gemeinden würden Kunden auf die mangelnde Qualität und den womöglich unangenehmen Geschmack hinweisen. Dennoch sagt Cuartero: „Wenn man Leitungswasser einmal zu einem Essen trinkt, macht das nichts aus.“

Wie viel Leitungswasser kann ein Gast kostenlos bekommen?

Ob die Hotels, Restaurants und Bars Gästen mehrere Karaffen oder nur ein Glas servieren müssen, sei in dem Gesetz nicht festgelegt. „Es sollte aber eine angemessene Menge ein“, sagt Cuartero. So könnten sich vier Gäste eine Karaffe teilen, ein einzelner Gast bekommt hingegen eher ein Glas Leitungswasser.

Der Chef des balearischen Gastronomieverbandes CAEB, Alfonso Robledo, hat für die Gratis-Trinkwasser-Regelung wenig Verständnis. „Wir sollen das Leitungswasser gratis ausgeben, müssen es je nach Verbrauch aber ja auch beim Rathaus bezahlen“, kritisiert er. Um die Regelung ordentlich ausführen zu können, sollte den Betreibern der Lokale eine bestimmte Anzahl an Litern an Gratis-Wasser geschenkt werden. Doch braucht es das in der Praxis überhaupt? Robledo betreibt selbst das an die Höhlen von Genova angegliederte Restaurant. Dort habe er die Erfahrung gemacht, dass kaum ein Gast Leitungswasser bestellt. „In all den Jahren haben mich nur zwei Gäste danach gefragt“, sagt er.

Hotels und Lokale dürfen das Leitungswasser nicht berechnen. Europapress

Muss man für gefiltertes Leitungswasser zahlen?

Ein anderer Fall kommt laut Alfonso Rodríguez, dem Vorsitzenden der Verbraucherschutzvereinigung Consubal auf den Balearen, deutlich häufiger vor: Die Gäste bekommen eine Glasflasche mit gefiltertem Leitungswasser und der Aufschrift „km 0“ serviert, für die sie hinterher zahlen sollen. Auch wenn das Leitungswasser etwa durch eine Osmose- oder andere Filteranlage gelaufen ist, dürfen die Hoteliers und Gastronomen es dem Kunden nicht berechnen, betonen die Verantwortlichen vom Verbraucherministerium.

Robledo kritisiert auch diese Regelung. Schließlich entstünden für die Gastronomen Kosten für die Instandhaltung der Anlagen oder Filterwechsel. Er bestätigt, dass sehr viele Bar- oder Restaurantbetreiber das gefilterte Wasser verkaufen, statt es gratis auszugeben. Auch er dachte, es handele sich dabei um eine rechtliche Grauzone. Im vergangenen Jahr seien bei der Verbraucherschutzvereinigung um die 15 Beschwerden deswegen eingegangen, weiß Rodríguez. „Da bei vielen Hotels das Wasser inklusive ist, gibt es dort weniger Beschwerden“, sagt er weiter.

Wo kann man sich beschweren?

Weigert sich ein Kellner, einem Gast kostenloses Leitungswasser zu servieren, sollte dieser zunächst das Gespräch mit dem camarero suchen und ihn auf die gesetzlichen Bestimmungen aufmerksam machen, mahnt Rodríguez. Zeigt er sich uneinsichtig, sollten Verbraucher nach dem Beschwerdeformular (hoja de reclamaciones) fragen. „Man bekommt dann drei. Eines bleibt ausgefüllt im Lokal oder Hotel, mit den anderen beiden geht man zum Verbraucherministerium. Ein Papier bekommt man dann gestempelt wieder zurück für seine Unterlagen“, so Rodríguez.

Wer will, kann die Beschwerde auch online (hier) beim zuständigen Ministerium einreichen. Wer auf „Reclamaciones de Consumo“ klickt, fordert für sich das bezahlte Geld für das eigentlich kostenlose Leitungswasser zurück. Wer hingegen „Denuncias de Consumo“ anwählt, kann den Verstoß gegen das Gesetz melden, wenn er erst gar kein Leitungswasser serviert bekommen hat. Urlaub können sich laut Cuartero auch an das Tourismusministerium melden.

Egal, ob ein Lokal oder Hotel sich weigert, den Gästen kostenlos Leitungswasser zu servieren oder es ihnen berechnet: Den Gastronomen drohen Bußgelder von bis zu 2.000 Euro. Auch Unwissenheit, die laut Rodríguez vor allem noch bei den Besitzern kleiner Dorf- und Stadtviertel-Bars vorherrschen kann, schütze vor Strafe nicht.

Beschwerde einreichen: Consellería de Salud, Carrer de Jesús, 38a, Palma, E-Mail: reclamacions@dgconsum.caib.es, https://www.caib.es/sites/consumidor/es/reclamaciones_denuncias_y_consultas-90/

Artikel teilen

stats