Eine Woche nach der Massendemonstration: Ressentiments gegen wohlhabende Ausländer auf Mallorca wachsen

Bissige Kritik an Spekulation und Zweitwohnungsbesitz bei der Kundgebung in Palma. Was sagen die Makler dazu?

Von einer Luxus-Immobilienmaklerin unterjochter Mallorquiner - eine Performance auf der Kundgebung vom 25.5.

Von einer Luxus-Immobilienmaklerin unterjochter Mallorquiner - eine Performance auf der Kundgebung vom 25.5. / Manu Mielniezuk

Die Großdemonstration in Palma am Samstag vergangener Woche (25.5.) hat sich als Aufschrei von über 10.000 Menschen – so die offizielle Schätzung der Polizei – gegen die Wohnungspreise und den Ausverkauf der Insel an wohlhabende Ausländer herausgestellt. Die Veranstalter, Mitglieder des Tauschrings „Banc de Temps de Sencelles“, trugen das Motto an der Spitze der Demonstration vor sich hin: „Mallorca no es ven“ (Mallorca steht nicht zum Verkauf).

Auch viele der aus dem Menschenmeer herausragenden Schilder nahmen Bezug auf den Immobilienmarkt. „Matthias Kühn nos debe un piso“ (Matthias Kühn schuldet uns eine Wohnung) war da etwa auf einem Plakat zu lesen, eine Anspielung auf den mit Millionen Euro entschädigten deutschen Luxusmakler.

Provokante Performance: Luxusmaklerin zerrt mallorquinischen Bauern hinter sich her

Die wohl größte mediale Aufmerksamkeit im Netz aber erregte der DJ und Personal Trainer Joan Lluís Caballero, der sich als mallorquinischer Bauer verkleidete und sich eine Kette mit Leine um den Hals legte. So versklavt ließ er sich von seiner Freundin María Jiménez durch die Stadt zerren, die selbst in weißem Kleid und monströser Sonnenbrille wie eine Luxusmaklerin gekleidet war. Aussage: Der gemeine Mallorquiner ist den ausländischen Immobilienkäufern hilflos ausgeliefert.

Die Demonstration führte bis zum Paseo del Borne wo die Aktivisten „Banc de Temps de Sencelles“ ihr Manifest vorlasen. Auch darin geht es nicht unmittelbar um den Tourismus, sondern um die Lage auf dem Immobilienmarkt: „Der Zugang zu Wohnraum darf kein Luxus sein, der nur für wenige Privilegierte reserviert ist.“ Und weiter heißt es in dem Manifest: „Mallorca soll eine Insel bleiben, auf der unsere Kinder in Sicherheit und Würde aufwachsen können, mit einem kontrollierten Tourismus, der nicht unser ganzes Leben bestimmt.“

Sieben Forderungen

Die Aktivisten stellen sieben Forderungen, darunter die, offiziell eine „Wohnungsnot“ auszurufen, um dringende Maßnahmen zur Schaffung von Wohnraum ergreifen zu können, sowie die Anerkennung, dass die Balearen ein „Gebiet mit angespannter Wohnsituation“ sind. Diese sogenannten zonas tensionadas sind im Wohnungsgesetz der spanischen Linksregierung vorgesehen und könnten die Regulierung der Mietpreise ermöglichen, werden aber von den konservativ regierten Regionen nicht angewandt.

Weiterhin fordern die Aktivisten ein „Moratorium bei der Ferienvermietung“ und dass „große Immobilienbesitzer“, etwa Fonds oder Banken, die mehr als zehn Objekte besitzen, „beim Kauf weiterer Immobilien auf den Inseln eingeschränkt“ werden.

Fünf Jahre auf der Insel vor Hauskauf

Die wohl polemischste Forderung aber ist eine Begrenzung des Immobilienkaufs für Menschen von außerhalb der Balearen. Nicht-Residenten sollen laut den Vorstellungen der Aktivisten „mindestens fünf Jahre auf den Inseln fest gelebt haben, bevor sie hier eine Wohnung oder ein Haus erwerben dürfen“. Laut jüngsten Zahlen der spanischen Zentralbank machen die Immobilienkäufe von Nicht-Residenten derzeit ziemlich genau ein Viertel aller Transaktionen aus.

Der Tonfall der Forderungen hat ebenso wie der geballte Unmut der Demonstranten und ihre schiere Anzahl großen Eindruck auf Mallorca gemacht. Wie groß, verdeutlicht ein schon fast verschrecktes Kommuniqué von ABINI, des Dachverbandes der auf den ausländischen Immobilienmarkt spezialisierten Makler.

Makler solidarisieren sich

In der Pressemitteilung ist von „uneingeschränktem Respekt“ und „Solidarität mit der Demonstration“ die Rede. „Die Balearen können den Zustrom von 20 Millionen Urlaubern pro Jahr nicht verkraften, und es ist inakzeptabel, dass 18 Jahresgehälter benötigt werden, um eine angemessene Wohnung zu erwerben.“

Weitere Ausführungen wollte ABINI-Präsident Hans Lenz zunächst nicht machen. Aber auch andere Makler zeigen im Gespräch mit der MZ Verständnis für die Proteste. „Wir sind zu 100 Prozent solidarisch mit den Anliegen der Demonstranten. Wir sind ja selbst betroffen, unsere Mitarbeiter und unsere Kinder finden keine bezahlbaren Wohnungen“, sagt Steffen Döhne von der Mallorca Mietbörse. Der bezahlbare Wohnraum müsse durch Politik und private Investoren bereitgestellt werden. „Aber die Genehmigungen dauern teils zwei, drei Jahre. Da wird das Bauen uninteressant“, kritisiert Döhne.

Gabriela Muñoz, Geschäftsführende Gesellschafterin von Engel & Völkers Palma Umland & Son Vida (li.). Re.: Lutz Minkner, Gründer der Immobilienfirma Minkner und Partner. | FOTO: E&V/NELE BENDGENS

Lutz Minkner. / MZ

Politik ist am Zug

Die Politik am Zug sieht auch die Chefin der Agentur CCC Real Estate in Cala Ratjada, Anke Köhler. Viel zu lange sei versäumt worden, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auch Köhler zeigt Verständnis für den Unmut der Demonstranten, warnt allerdings davor, die Immobilienmakler für die Situation verantwortlich zu machen.

Der Markt werde zwar von der hohen Nachfrage aus Nordeuropa getrieben, aber die Preise gäben meist die Verkäufer und Vermieter vor – und die seien oft Einheimische. Verkompliziert werde die Lage zudem von dem vergangenes Jahr erlassenen nationalen Mietgesetz, das mit seinem Akzent auf den Mieterschutz dazu geführt habe, „dass viele Eigentümer, die nicht zwingend auf das Geld angewiesen sind, auf eine Vermietung verzichten“.

Forderung verstößt gegen EU-Recht

Entschieden gegen die Forderung, dass künftige Immobilienkäufer erst einmal fünf Jahre fest auf den Balearen gelebt haben müssen, spricht sich Lutz Minkner von Minkner & Bonitz aus. „Ganz davon abgesehen, dass diese Forderung gegen EU-Recht verstößt und daher ohnehin nicht umzusetzen ist, führt das zu einer noch größeren Belastung für den Mietmarkt“, sagt er. Alle, die mit dem Gedanken spielten, sich eine Immobilie auf den Balearen zuzulegen, müssten schließlich erst einmal fünf Jahre zur Miete leben.

Alle drei Immobilienunternehmer begrüßen es, dass jetzt breit über die Wohnungsnot diskutiert wird. Das gelte auch in Sachen Ferienvermietung: Illegale Angebote müssten schärfer verfolgt werden. „Alle Wohnungen müssen legal sein“, fordert Döhne. Minkner würde noch einen Schritt weiter gehen und die Touristensteuer erhöhen.

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