Deutscher Hausmeister deckt auf: Saudische Königsfamilie hat auf Mallorca illegal gebaut

Ein Mitglied der saudischen Königsfamilie soll in Montport gegen Baurecht verstoßen haben. Alles eine Retourkutsche für die Entlassung des Deutschen, heißt es zur Antwort

Ein Teil des Anwesens der saudischen Königsfamilie über dem Hafen von Port d’Andratx.

Ein Teil des Anwesens der saudischen Königsfamilie über dem Hafen von Port d’Andratx. / Nele Bendgens

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Der überwältigende Blick auf den Hafen von Port d’Andratx und die angrenzenden Hügelketten beeindruckt nicht nur deutsche Unternehmer oder spanische Profi-Fußballer, sondern auch Mitglieder der saudischen Königsfamilie. Ganz oben in der Siedlung Montport, Hunderte Meter über dem Meer, hat sich K. bin Bandar al Saud, einer von rund 400 Prinzen der weitverzweigten Dynastie, gemeinsam mit seiner Frau M. Bint Mohammed einen Rückzugsort für die Großfamilie in den Sommermonaten errichtet.

Und da braucht es mehr als eine organisierende Hand. Ein gutes Dutzend Bedienstete, von Hausverwaltern über Kindermädchen bis hin zu Chauffeuren, ermöglichen der Königsfamilie einen standesgemäßen Aufenthalt in ihrer Sommerimmobilie. Einer von ihnen war Peter Böblinger (Name geändert) aus Sachsen-Anhalt.

Der Deutsche verfügt über die Originalpläne.

Der Deutsche verfügt über die Originalpläne. / johannes krayer

Der 51-Jährige arbeitete nach eigenen Angaben 20 Jahre als Hausverwalter für die Familie und lebte ganzjährig in einem Teil des Anwesens in Montport, bevor sein Vertrag im Herbst 2023 gekündigt wurde. Im Anschluss habe er gemerkt, dass er von seinen Arbeitgebern bei der Sozialversicherung hinters Licht geführt wurde.

Und tatsächlich geht aus den Abrechnungen der Seguridad Social, die der MZ vorliegen, hervor, dass Böblinger in den Jahren 2016 bis 2019 lediglich zwischen knapp 800 und gut 1.200 Euro brutto verdient haben soll. Dabei war es mindestens das Doppelte – rund 2.300 Euro brutto, wie die MZ in einer Gehaltsabrechnung verifizieren konnte.

Illegale Gebäudeteile

Die Königsfamilie habe offenbar das Gehalt falsch angegeben. Nur: Nachträglich könne man da nicht mehr viel machen, habe ihm eine Mitarbeiterin der Sozialversicherung erklärt, und eine Klage sei aufwendig und kostspielig, so Böblinger, der sich an die MZ wandte, um den Sachverhalt publik zu machen. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass bei dem Umbau des Anwesens der Königsfamilie einiges nicht mit rechten Dingen zugegangen sei.

Laut Böblinger sind mehrere Gebäudeteile illegal. Zunächst hatte die Königsfamilie 2003 ein Haus am Ende einer Stichstraße erworben und dort kurz nach dem Kauf einen Anbau drangesetzt – damals noch mit Genehmigung der Gemeinde. „Die Familie hatte bereits vor dem Einzug gesagt, dass das Haus viel zu klein ist und sie weitere Anbauten benötigen“, erinnert sich Böblinger.

Angeblich Mitarbeiter geschmiert

Die erste Änderung sei nur deswegen problemlos gewesen, weil Rathaus-Mitarbeiter geschmiert worden seien, behauptet der frühere Angestellte. Es war die Zeit, in der Eugenio Hidalgo Bürgermeister in Andratx war. Der PP-Politiker saß wegen zahlreicher Verstöße gegen die Bauvorschriften, Korruption und Vetternwirtschaft rund sechs Jahre im Gefängnis.

Die Königsfamilie gab sich also nicht mit dem ersten Anbau zufrieden. Eine Sauna wurde laut Böblinger zu einem zusätzlichen Zimmer umgebaut, weitere Anbauten kamen dazu, und 2012 kaufte die Familie das Nachbarhaus von einem deutschen Unternehmer. „Dann legte sie die beiden Grundstücke zusammen, riss eine Mauer zwischen den Häusern ein und vereinigte die Terrasse“, berichtet Böblinger. Alles ohne Genehmigung.

Auch ein großes Stück Fels habe die Familie aus dem Hang gesprengt, um einen Wendeplatz für die „mindestens zehn Autos“ entstehen zu lassen. Böblinger verfügt über die Originalpläne der Anwesen und zeigt sie der MZ. Er sei so etwas wie das Mädchen für alles gewesen, erklärt er den Besitz der Pläne.

Straße einfach gesperrt

Schließlich habe die Familie die Straße, die zu dem hinteren Haus führte, mit einem Tor vor dem vorderen Haus abgesperrt und die Fahrbahn pflastern lassen. Heute ist diese Maßnahme nicht mehr als illegal zu erkennen, doch Böblinger zeigt auf eine verrostete Straßenlaterne, die sichtbar im Eingangsbereich des Anwesens liegt. „Diese Laterne stand an der Straße, die Familie hat sie einfach weggerissen, als sie das Tor angebracht und die Straße gesperrt hat.“ Bei der Begutachtung des an das Anwesen angrenzenden Hangs findet sich im Strauchwerk eine weitere Straßenlaterne, die wohl ebenfalls weggerissen wurde.

Böblinger wollte die Verstöße gegen das Baurecht im Rathaus von Andratx anzeigen. Das sei ihm allerdings nicht möglich, weil er keinen Wohnsitz auf den Balearen habe.

Familie bestreitet Illegalitäten nicht

Aus dem Umfeld der Familie wird gar nicht versucht, die Illegalitäten zu bestreiten. „Sie werden kaum ein Haus in Port d’Andratx finden, an dem alles legal ist“, sagt ein Vertrauter der Königsfamilie der MZ. Dass sich der ehemalige Angestellte nun aber an die Presse wende, sei lediglich mit Rachegelüsten nach seiner Entlassung zu erklären. Böblinger sei ein „sehr impulsiver Mensch“, der immer wieder durch grobes Fehlverhalten bei der Arbeit aufgefallen sei.

So liegen der MZ zwei Verwarnungen für Böblinger vor, die die Königsfamilie ihm zugestellt hat. Eine aus dem August 2019, als der Deutsche die persönliche Assistentin der Hausherrin bedroht und geschubst haben soll. Auch gegen die Prinzessin selbst soll er ausfällig geworden sein. Die Verwarnung unterschrieb Böblinger persönlich.

Knapp zwei Jahre später, im Juni 2021, zeigten mehrere Angestellte einer Firma, die gerade mit Arbeiten auf dem Grundstück beschäftigt war, Böblinger an, weil er sie beschimpft und beleidigt haben soll. Zum Umstand, dass die Königsfamilie ihren früheren Angestellten möglicherweise bei der Sozialversicherung abgezockt hat, kann der Vertraute nichts sagen, weil seine Beziehung zur Familie nicht so weit zurückreicht.

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