Wohnungsnot auf Mallorca: Der Bau von neuen Sozialwohnungen kommt nicht voran

Nach wie vor gibt es auf Mallorca viel zu wenig Wohnraum für Menschen mit weniger Geld. Zwar schob die Linksregierung einige Projekte an, doch die Fertigstellung verzögerte sich häufig. Die Konservativen wollen Tempo machen. Ganz so schnell geht es aber nicht

Das preisgekrönte Projekt in Son Servera.

Das preisgekrönte Projekt in Son Servera. / Peris+Toral Arquitectes

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Das Projekt nennt sich „Living in Lime“ (in Kalkstein leben) und ist inzwischen preisgekrönt. In dem eher unscheinbaren Dorf Son Servera im Nordosten von Mallorca hat das Architekturbüro Peris+Toral Arquitectes aus Barcelona 42 Sozialwohnungen mit ansprechendem und auffälligem Design geplant und errichtet.

So ansprechend, dass der teilweise aus nachhaltigen Materialien gebaute Komplex in die Auswahl der Nominierten für den sogenannten EUmies Award kam, den nach dem Architekten Mies van der Rohe benannten Preis der Europäischen Union für zeitgenössische Architektur. Diese Auszeichnung gewannen Marta Peris und José Manuel Toral am Ende nicht, dafür gab es mit dem Architekturpreis 2024 der spanischen Architektenkammer aber mehr als ein Trostpflaster.

Politik sucht die Schuld beim jeweils anderen

Bei Leuchtturmprojekten wie diesem darf nicht übersehen werden: Der Bau von bezahlbarem Wohnraum kommt auf den Inseln weiterhin nur schleppend voran angesichts der dramatischen Lage auf dem Wohnungsmarkt. Und das, obwohl sowohl die frühere Linksregierung als auch die jetzige konservative Regierung auf den Inseln die Wohnungsnot als Problem von größter Dringlichkeit identifiziert haben wollen.

Wie so oft schieben sich auch bei diesem Thema Sozialisten und PP gegenseitig die Schuld zu. Die PP behauptet seit dem Regierungswechsel im Juli 2023, die Vorgängerregierung habe viel zu wenig getan. Zudem seien alle angestoßenen Projekte mit Problemen behaftet und würden deutlich später fertiggestellt als ursprünglich geplant. Die Sozialisten entgegnen, dass bei Bauprojekten nun einmal per se Schwierigkeiten oder Verzögerungen auftreten, dass aber zahlreiche Bauvorhaben in die Wege geleitet wurden.

Bestand zuletzt deutlich gewachsen

Zuständig für den sozialen Wohnungsbau ist das Institut Ibavi. Die nackten Zahlen geben der abgewählten Linksregierung ein Stück weit recht: Unter der Führung der sozialistischen Ministerpräsidentin Francina Armengol ist der Bestand an Sozialwohnungen allein in der zweiten Legislaturperiode um 42 Prozent gewachsen. Laut Zahlen des Wohnungsministeriums kurz vor dem Regierungswechsel 2023 wurden zwischen 2019 und 2023 auf den Balearen 1.276 Wohnungen komplett fertiggestellt oder zumindest begonnen.

Dem gegenüber stehen zwar viele Versuche der neuen konservativen Landesregierung, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Doch am Tempo hapert es weiterhin. Nach Angaben eines Sprechers des Wohnungsministeriums wurden im ersten Jahr der konservativen Landesregierung fünf Projekte fertiggestellt, die allesamt noch von der Vorgängerregierung angestoßen worden waren.

In Molinar und Marratxí

So kamen unter anderem in der Großgemeinde Marratxí 22 neue Apartments hinzu, die an Bewerber vergeben wurden und kurz vor dem Bezug stehen. Beendet ist auch ein 57 Wohnungen umfassender Gebäudekomplex in Molinar, der noch von der Stadt abgenommen werden muss.

Wobei es gar nicht unbedingt darauf ankomme, neu zu bauen, sagt Natalia Bueno, Vizepräsidentin der Vereinigung der heimischen Immobilienmakler (API). „Die Herangehensweise der neuen Regierung, kein weiteres Gebiet zur Bebauung zu erschließen, ist zu begrüßen“, sagt Bueno der MZ. Stattdessen setzen die Konservativen darauf, leer stehende Wohnungen auf den Markt zu bringen, Ladenlokale in Wohnungen umzuwandeln oder privaten Bauträgern öffentlichen Baugrund zur Verfügung zu stellen, um preislich gedeckelte Wohnungen zu errichten.

Leer stehende Wohnungen endlich auf den Markt bringen

Natalia Bueno lobt die Bemühungen der neuen Regierung, kritisiert aber auch, dass die PP beispielsweise nicht vom gesetzlich verankerten Vorkaufsrecht Gebrauch macht, wenn ein Bauträger neue Wohnungen auf den Markt wirft.

Und: Essenziell sei vor allem, endlich die Zehntausenden leer stehenden Wohnungen auf den Inseln zu identifizieren und die Eigentümer mit Anreizen davon zu überzeugen, dass sie die Apartments vermieten. „Hier müssen die Gemeinden liefern. Das ist zwar eine etwas mühsame Arbeit, aber auch kein Hexenwerk“, sagt Bueno. Bisher sei auf kommunaler Ebene viel zu wenig geschehen.

Mietagentur der Landesregierung macht Mut

Hoffnung macht Bueno der Plan der Regierung, als Vermittler zwischen Eigentümern und Mietern aufzutreten und den Besitzern die Zahlung der Miete gesetzlich zu garantieren, sollten die Mieter nicht dazu in der Lage sein. Auch dass sich die Regierung verpflichtet, dass die Wohnung beim Auszug der Mieter so hinterlassen wird, wie sie beim Einzug war, könne für die Eigentümer Beruhigung und Motivation für die Vermietung sein.

Für die kommenden Jahre stellt der Sprecher des Wohnungsministeriums Bewegung in Aussicht. Dank des neuen Wohnungsdekrets der Konservativen sollen insgesamt 5.000 preislich gedeckelte Wohnungen auf den Inseln entstehen.

Auch habe das Wohnungsbauinstitut Ibavi mit vier Gemeinden Abkommen über den Bau von preislich gedeckelten Wohnungen geschlossen. Insgesamt zwölf Kommunen hätten Bereitschaft signalisiert, öffentlichen Grund für bezahlbare Bauvorhaben zur Verfügung zu stellen. Nun muss all das nur Realität werden.

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