Minicars nehmen auf Mallorca Fahrt auf - nur Moped-Führerschein erforderlich

Die kleinen Flitzer galten auf der Insel einst als Senioren-Fahrzeuge. Jetzt fahren auch die Jungen darauf ab – was nicht zuletzt an der Werbung an den Schulen liegen dürfte

Federico Bascón verkauft die Zweisitzer unter dem griffigen Namen „Autos ohne Führerschein“.    | FOTO: BENDGENS

Federico Bascón verkauft die Zweisitzer unter dem griffigen Namen „Autos ohne Führerschein“. | FOTO: BENDGENS

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Schon der Ein- und Ausstieg in das Minicar ist ein wenig gewöhnungsbedürftig – zumal, wenn man 1,90 Meter groß ist wie der Autor dieser Zeilen. Auch im Inneren des kleinen Flitzers sitzt es sich leicht gebückt. Nicht wegen des zu niedrigen Daches, sondern weil die Windschutzscheibe recht tief montiert ist und sonst der Blick auf die Straße leicht von einer Abdeckung versperrt wird. Das liege aber nur am Vorführwagen, meint Federico Bascón vom Autohaus „Coches sin carnet“ (Autos ohne Führerschein).

Die Miniautos liegen derzeit im Trend. In letzter Zeit sind immer mehr davon auf den Straßen von Palma zu sehen. Dabei gibt es die Minicars schon seit Jahrzehnten. „Früher waren sie als Opa-Autos verpönt“, sagt Bascón. „Vor 50 Jahren bekamen alle Jugendlichen, die das 14. Lebensjahr erreicht hatten, den Moped-Führerschein ohne jegliche Prüfung vom Rathaus ausgestellt.“ Wer dann später von zwei auf vier Räder umstieg, aber keine Ambitionen hegte, den Autoführerschein zu machen, legte sich ein cuadriciclo ligero zu, wie die Fahrzeuge in Spanien offiziell heißen. Die darf man zwar nicht gänzlich ohne Führerschein fahren, wie der Name des Autohauses von Bascón suggeriert, dafür aber mit dem „Moped-Lappen“. Der kostet in den Fahrschulen um die 500 Euro, der Theorieteil ist im Vergleich zur B-Klasse deutlich einfacher.

Vom Opa-Auto zum Teenie-Flitzer

Mit der Zeit verstarben die Minicar-Autofahrer nach und nach. Vor etwa zehn Jahren schien die Nachfrage nach diesem Fahrzeugsegment definitiv eingebrochen. „Die Senioren heutzutage haben alle einen normalen Führerschein für das Auto“, sagt Bascón. Eine neue Marktlücke musste her. Wie wäre es denn mit den jungen Leuten, die noch keinen Autoführerschein machen dürfen?

Dafür sei eine große Werbekampagne nötig gewesen, erzählt Bascón. „Die Hersteller setzten auf moderne Designs und warben an den Schulen. Heute sind 80 Prozent unserer Kunden zwischen 15 und 18 Jahre alt.“ Wobei es nicht nur auf das Gutdünken der Minderjährigen ankommt. „Ich bin selbst Vater und weiß, dass bei derartigen Entscheidungen die Eltern überzeugt werden müssen. Daher muss die Sicherheit gewährleistet sein, so Bascón.

Autohändler Bascón mit zwei seiner Microcars.

Autohändler Bascón mit zwei seiner Microcars. / Nele Bendgens

„Coches sin carnet“ ist eine Kette von drei Autohäusern auf Mallorca, und es ist der einzige Anbieter, der ausschließlich auf die Miniautos setzt. Die kleinen Gefährte stammen hauptsächlich aus französischen Werken. Vereinzelt gibt es auch italienische Modelle. Bascón kooperiert mit den Marken Microcar und Ligier aus Frankreich. Funfact, laut Bascón: Ligier war früher sogar mal Formel-1-Sieger. Die Minicars bestünden mit guten Noten die Crashtests.

Was ein Miniauto kostet

Für die Qualität muss dafür auch ein stolzer Preis hingelegt werden. Zwischen 12.500 und 22.000 Euro kosten die Zweisitzer. Die meisten haben einen Dieselmotor, nur wenige einen Elektroantrieb. Im Vergleich zum großen Auto mangelt es an keiner Ausstattung. Sie haben Klimaanlage, ein Touchpad, wo sich das Handy anschließen lässt und Parkassistenten wie eine Rückfahrkamera. Wobei das Einparken eher einfach sein sollte.

Allzu lange gehalten werden die Minicars nicht. „Fast alle Jugendlichen tauschen sie mit dem 18. Geburtstag gegen ein richtiges Auto ein“, sagt der Händler, der deswegen die Wagen mit einer Rückkaufmöglichkeit verkauft. „Das ist eine Option für unsere Kunden. Sie können uns zu festgelegten Preisen die Autos nach einem, zwei oder drei Jahren zurückbringen.“ Nur einer von zehn Minicar- Besitzern mache davon aber Gebrauch. „Die meisten sind so angetan von dem Gefährt, dass sie es Freunden, Bekannten oder Familienmitgliedern vermachen.“

Warum die meisten Fahrer der Miniautos mit der Geschwindigkeit mogeln

Und wie fährt es sich nun im Miniauto? Nicht viel anders als im Großen. Die Beschleunigung reicht aus, um im Stadtverkehr mithalten zu können. Rein rechtlich dürfen die Wagen nur 45 km/h schnell werden. In der Praxis sind es abgeriegelt gut 50 km/h. Wie bei den Mopeds in Deutschland kann man die Verriegelung illegal entfernen. Dann sind um die 80 km/h möglich. Das machen fast alle so, meint der Händler. „Der Polizei fehlt die Technik, um die mögliche Höchstgeschwindigkeit zu messen. Wer nicht gerade in einen Blitzer oder vor einem Polizeiauto rast, muss nichts befürchten“, so Bascón. Verboten ist die Fahrt auf den Autobahnen. In dem Fall muss auf Landstraßen ausgewichen werden. Das sollte bei den meist kurzen Wegen auf Mallorca aber kein Problem sein. Großer Pluspunkt: Der Verbrauch ist mit etwa zweieinhalb Litern für 100 Kilometer lächerlich gering.

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