Wie es nun für die Justiz im Fall Medusa Beach Club weitergeht - die wichtigsten Fragen und Antworten

Die Strafrechtsexpertin Maria Barbancho geht davon aus, dass die Ermittlungen mindestens zwei Jahre dauern werden

Restaurant-Einsturz auf Mallorca: So sah es am Tag danach im Medusa Beach Club aus.

Restaurant-Einsturz auf Mallorca: So sah es am Tag danach im Medusa Beach Club aus. / DM

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Das Unglück im Medusa Beach Club, bei dem am Donnerstagabend (23.5.) vier Personen ums Leben kamen und 16 weitere verletzt wurden, wird juristische Konsequenzen haben. Da die Ermittlungen noch laufen, ist noch nichts darüber bekannt, welche Personen angeklagt werden und ob es womöglich zu Verhaftungen kommen wird. Die MZ hat bei der Strafrechtlerin Maria Barbancho nachgefragt, wie es nun weitergeht.

Wer ermittelt?

"Im Gegensatz zu Deutschland ist der Hauptverantwortliche in der Ermittlungsphase der Ermittlungsrichter, nicht der Staatsanwalt. Dieser kann aber beispielsweise Ermittlungsaufträge an die Polizei abgeben, wenn er in einer Sache keine Handhabe hat. Zu seinen weiteren Aufgaben gehört es, die Strafforderungen der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung und der Nebenkläger anzuhören und über ihre Gültigkeit zu entscheiden."

Welche Strafen drohen auf der strafrechtlichen Ebene?

"Nach derzeitigem Stand kommen drei Arten der Strafanträge in Frage. Fahrlässige Tötung, die mit einem bis vier Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Fahrlässige Körperverletzung, die drei bis sechs Monate Gefängnis oder eine Geldstrafe nach sich ziehen kann. Und Sachbeschädigung, die mit einem Bußgeld belegt werden kann."

Die Strafrechtsexpertin Maria Barbacho.

Die Strafrechtsexpertin Maria Barbacho. / Privat

Welche Konsequenzen drohen auf zivilrechtlicher Ebene?

"Die zivilrechtlichen Konsequenzen werden in Spanien üblicherweise im Strafprozess mitbehandelt. Für die Bemessung der Schadenssumme, die an die Angehörigen der Opfer gezahlt werden muss, wird die Skala für Autounfälle herangezogen." Mit dieser wird nach bestimmten Parametern und unter Einbindung von Koeffizienten ein Betrag errechnet. "Dies gilt in allen Fällen bei Unfällen, bei denen Menschen zu Schaden kommen, unabhängig davon, ob es ein Autounfall war oder nicht."

Macht es einen Unterschied bei der Bewertung der Schuld, wenn die jetzigen Betreiber die illegale Terrasse nicht gebaut haben?

"Wenn sie wussten, dass die Terrasse rechtswidrig war, weil sie

  1. entweder beim Kauf darauf hingewiesen wurden oder
  2. weil sie nicht im Grundbuch eingetragen war, als sie sie kauften, und/oder weil sie es vermieden haben, sie in irgendeiner Weise nachträglich genehmigen zu lassen,

können sie haftbar sein. Die Terrasse fällt in ihren Verantwortungsbereich."

Welche juristischen Konsequenzen drohen der Baufirma, die die Terrasse errichtet hat?

"Es gibt Präzedenzfälle, bei denen sowohl der Bauträger als auch die Baufirma juristisch belangt werden. Wenn die beteiligten Personen gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, können sie zur Verantwortung gezogen werden."

Kann es sein, dass niemand belangt wird, weil keine eindeutige Schuld festgestellt werden kann?

"Ich halte das für nahezu ausgeschlossen. Was untersucht werden muss, ist, ob die Fahrlässigkeit der beteiligten Personen ausreichend schwer ist, um strafrechtlich verfolgt zu werden, oder ob sie lediglich zivilrechtliche Konsequenzen hat. Die zivilrechtlichen Konsequenzen werden vom Betreiber, beziehungsweise von seiner Versicherungsfirma getragen."

Wie lange wird es dauern, bis es zum Prozess kommt?

"Die Verfahren in Spanien sind langwierig, insbesondere auf strafrechtlicher Ebene und wenn es viele beteiligte Parteien gibt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Ermittlungsphase kürzer als zwei Jahre dauert."

Drohen den Verantwortlichen auch Prozesse in Deutschland und Senegal, wo die Todesopfer herkamen?

"Verhandelt wird hier, weil hier der Ort des Geschehens ist. Laut der deutschen Strafprozessordnung könnte der Fall auch vor einem deutschen Gericht verhandelt werden. Aber man kann innerhalb des Schengenraums nicht zweimal für das gleiche Vergehen vor Gericht stehen."

Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit man als Nebenkläger auftreten kann?

"Man muss glaubhaft darlegen, dass man Geschädigter ist. In diesem Fall sind es die Verletzten, die Angehörigen der Todesopfer und das Rathaus Palma. Das gilt sowohl auf der strafrechtlichen als auch auf der zivilrechtlichen Ebene."

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