Sorge um den Wettbewerb: Warum eine geplante Bankenübernahme in Spanien für massiven Widerstand sorgt

Die Bank BBVA will ihren Rivalen Banco Sabadell schlucken. Gegen die Übernahme formt sich Protest

Sitz der BBVA in Barcelona: Wäre das Kreditinstitut mit seiner feindlichen Übernahme von Banco Sabadell erfolgreich, gäbe es nur noch drei spanische Großbanken.  | FOTO: QUIQUE GARCIA/EFE

Sitz der BBVA in Barcelona: Wäre das Kreditinstitut mit seiner feindlichen Übernahme von Banco Sabadell erfolgreich, gäbe es nur noch drei spanische Großbanken. | FOTO: QUIQUE GARCIA/EFE

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Es ist wahrlich nicht leicht, eine breite Front von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Unternehmen sowie Regionalregierungen unterschiedlicher politischer Couleur dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen. Doch der Versuch der BBVA, mit einer feindlichen Übernahme den heimischen Rivalen Banco Sabadell zu schlucken, trifft in Spanien auf gehörigen Widerstand. Die einen fürchten um Jobs, andere sorgen sich um den Wettbewerb und damit um die Finanzierungsbedingungen.

Die BBVA ist nach Santander das zweitgrößte Kreditinstitut des Landes. Wie der Konkurrent macht auch die von Carlos Torres geführte Bank den Großteil ihres Geschäfts im Ausland. Spanien trug zuletzt nur noch 28 Prozent zum Ergebnis bei. Der Rest kommt aus Wachstumsmärkten, vor allem Mexiko, wo die Spanier mehr als die Hälfte ihres Gewinns erzielen. Mit dem Ziel, die wachsende Abhängigkeit von den Auslandsmärkten zu reduzieren, bot die BBVA dem Konkurrenten Banco Sabadell im April einen Zusammenschluss an. Dadurch entstünde ein neuer Riese in der europäischen Finanzwelt mit einer Bilanzsumme von rund einer Billion Euro und etwa 100 Millionen Kunden weltweit.

Fusion 2020 gescheitert

Ende 2020 war eine Fusion der beiden Institute gescheitert. Und auch diesmal winkte das Management der katalanischen Bank ab. Der Kaufpreis von zwölf Milliarden Euro sei zu gering, man wolle allein weitermachen. Nun tobt eine Übernahmeschlacht, wie es sie in Spanien seit Jahrzehnten nicht gegeben hat. Das große Sterben der Sparkassen im Zuge der geplatzten Immobilienblase ab 2008 verlief relativ reibungslos. Statt einst gut 50 Kreditinstitute gibt es heute nur noch neun größere überregionale Banken. Doch Santander, BBVA, Caixabank und Sabadell haben gemeinsam einen Marktanteil von rund 70 Prozent. Mit der feindlichen Übernahme wären dann nur noch drei Marktführer übrig.

Eine so starke Konzentration des Banksektors gibt Bedenken. Nach dem massiven Abbau von Filialen und Arbeitsplätzen in den vergangenen Jahren fürchten die Gewerkschaften weitere Jobverluste. Der Vorsitzende von BBVA, Carlos Torres, beschwichtigte. Einen Abbau habe es bereits nach der Pandemie gegeben. Kostenersparnisse kämen nun eher von den allgemeinen Betriebskosten und der Technologie, versprach der Banker auf einer Veranstaltung Mitte Juni in Santander.

Fronten bleiben verhärtet

Dort traf er mit dem spanischen Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo zusammen. Beide bekundeten Harmonie, doch die Fronten blieben hart. „Wir sind sehr deutlich, was unsere Ablehnung der Operation anbelangt, besonders wegen unserer enormen Sorge um die Konzentration und die Wettbewerbssituation im spanischen Finanzsystem“, so der Minister. So legten die Banken die Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank zwar bei den Krediten um, die Spareinlagen der Kunden dagegen würden kaum höher verzinst.

Viele Unternehmer teilen die Sorgen des sozialistischen Wirtschaftsministers. Banco Sabadell ist traditionell führend in der Finanzierung von Kleinunternehmen und Mittelständlern. Viele dieser Firmen befürchten, dass die Konditionen für sie schlechter werden könnten, wenn Sabadell von BBVA geschluckt wird. Vor allem am Mittelmeer, in Katalonien und Valencia, gibt es erhebliche Überschneidungen zwischen den Filialnetzen der beiden Geldinstitute. Daher laufen in diesen Regionen die Arbeitgeberverbände und die Landesregierungen Sturm gegen die Übernahme. In Valencia regiert die konservative Volkspartei (PP), während in Katalonien derzeit noch die separatistische ERC geschäftsführend an der Macht ist.

Mehrere Aufsichtsbehörden müssen grünes Licht geben

Die Übernahmeschlacht gestaltet sich als ein langer, schwieriger Hürdenlauf. Denn mehrere Aufsichtsbehörden müssen grünes Licht geben, von der EZB bis zur spanischen Regierung. Minister Cuerpo droht damit, die organische Verschmelzung der beiden Banken zu verbieten.

Viele der Firmenkunden von Banco Sabadell sind gleichzeitig auch Aktionäre der Bank. An diese richtet sich nun eine Werbekampagne des Instituts mit dem Slogan „Du hast die Macht zu entscheiden“. Denn die Anteilshaber von Sabadell müssen sich entschließen, ob sie ihre Aktien an die BBVA verkaufen und so letztendlich das Ende von Sabadell besiegeln oder nicht.

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