Mallorca Zeitung

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Zehn Jahre deutsches Eigentum bei Atlético Baleares: Wie der Traum vom Aufstieg im Abstieg endete

Ingo Volckmann hoffte immer auf das Fußballglück. Seit Sonntag steht fest: Sein Club steigt nicht auf, sondern ab, von der dritten in die vierte Liga. Rückblick auf eine Dekade voller vertaner Chancen

Christian Ziege (re.) wurde auf Mallorca nicht glücklich.

Es war abzusehen, ist aber deswegen nicht weniger bitter, zumal manche Fans noch auf ein Wunder gehofft hatten: Mallorcas Fußball-Drittligist Atlético Baleares ist am Sonntag (21.4.) mathematisch abgestiegen. Nach der 1:2-Auswärtspleite gegen Ceuta steht fest, dass die Elf des deutschen Eigentümers Ingo Volckmann den Gang in die vierte Liga antreten muss. Trotz noch fünf ausstehender Spiele ist der Rückstand mittlerweile uneinholbar. „Es ist ein trauriger Tag, aber das Leben geht weiter“, kommentierte es der Berliner.

Wenn die Saison Ende Mai dann endgültig vorbei ist, jährt sich Volckmanns Ankunft beim Arbeiterclub zum zehnten Mal. „Entweder sie bauen uns eine Statue oder sie jagen uns von der Insel“, sagte er damals. Sicherlich wird es am Sonntag (28.4., 12 Uhr), wenn die Absteiger im Estadi Balear Intercity empfangen, ein Pfeifkonzert geben. Die Frage ist, gegen wen sich die Rufe richten werden. Gegen Volckmann wohl nicht, vermutet Bernat Campins. „Die Leute sehen, was er für den Verein getan hat.“

Wie stand es um Atlético Baleares vor Ingo Volckmann?

Der Mallorquiner kommt aus einer alteingesessenen Atlético-Baleares-Familie. „Aus dem Stadtviertel Els Hostalets, oberhalb des Carrer d’Aragò. Der Heimat der meisten Fans“, erzählt er. Wie sein Vater war er mal in verantwortlicher Position beim Club tätig. „Zuletzt habe ich mich von 2009 bis 2011 um das Marketing gekümmert. Damals hatte ich sogar ein paar Anteile am Verein.“ Das Sagen hatte damals der Nachtclub-Unternehmer und Megapark-Besitzer Bartolomé Cursach. Sportlich war Atlético Baleares ein ambitionierter Drittligist. In der Saison 2011/2012 holte das Team den Meistertitel, scheiterte aber in den Play-offs am Aufstieg. Ein Schicksal, das sie in den kommenden Jahren drei weitere Male erleben sollten.

Finanziell sah es mau bei den Blau-Weißen aus. „Der Verein hatte damals bereits Insolvenz angemeldet. Volckmann rettete uns“, sagt Campins. Dass ein Deutscher den Club übernahm, habe die Fans nicht gestört. „Die reichen Mallorquiner, das sind in erster Linie die Hoteliers, sind knausrig. Zudem sind wir Insulaner nicht sonderlich fußballverrückt. Zu unseren Spielen kommen 1.500 Zuschauer, zu Real Mallorca vielleicht 20.000. Málaga hat in der dritten Liga ein ähnliches Publikum.“

Volckmann machte sich bei den Fans beliebt

Mit seiner direkten und emotionalen Art kam Volckmann gut bei den Mallorquinern an. „Er bezeichnete sich selbst als Hooligan und ließ dem Spruch Taten folgen“, sagt Campins. Bei einem Auswärtsspiel auf Ibiza stand der Eigentümer im Fanblock. „Ein Ordner raunzte einen Fan an, weil er sein T-Shirt ausgezogen hatte. Volckmann tat es ihm gleich und fragte: ‚Und nun?‘ “ Mit derartigen Aktionen flog der Berliner auch schon aus den VIP-Zonen.

Volckmann kaufte 2014 den Club. | FOTO: MIELNIEZUK

Mit dem neuen Chef wurde der Verein nach und nach deutscher. An Volckmanns Seite war der damals erst 24-jährige Sportdirektor Patrick Messow. Ab 2015 saß Ex-Nationalspieler Christian Ziege auf der Trainerbank. Ehemalige Bundesligaspieler wie Malik Fathi, Marcel Ndjeng oder Benedikt Pliquett verstärkten die Mannschaft. Bei der Mannschaft kam Ziege damit nicht wirklich an. Er ließ auf Champions-League-Niveau trainieren und überforderte damit die Drittligafußballer. Weil das Team weiter im Tabellenmittelfeld dümpelte, musste der Deutsche nach anderthalb Jahren seine Sporttasche packen.

Josico kam und siegte. Mit einem starken Endspurt führte der Spanier Atlético Baleares noch in die Play-offs 2017. Doch wieder blieb der Aufstieg aus. Josico ging. Zur neuen Saison startete der Inselclub eine Kooperation mit Atlético Madrid und holte den Nachwuchstrainer Armando de la Morena. Wie bei Ziege galt: Die Idee war gut, doch der Club war nicht bereit. Statt im Aufstiegskampf fand sich der Drittligist plötzlich im Tabellenkeller wieder.

Erfolgreiche Zeit unter Mandiola

Kurz vor Saisonende übernahm Manix Mandiola. Ein Trainer der ganz alten Schule, der auf einfache Sachen setzte. Das klappte beim Drittligisten hervorragend. „Es war die erfolgreichste Zeit des Vereins“, sagt Campins. Am letzten Spieltag rettete der Baske das Team vor dem Abstieg. Die nächsten zwei Spielzeiten wurde das Team Meister. Wären da nur nicht diese verflixten Play-offs. „In allen Entscheidungsspielen haben wir genauso viele Tore wie der Gegner geschossen“, sagt Mandiola, der heute noch eng mit Mallorca verbunden ist und in der vergangenen Woche zum Urlaub da war. „Schuld war die Auswärtstorregel oder das Elfmeterschießen.“ Bei vier vermasselten Play-offs kann man fast schon von einem Fluch sprechen. „Irgendwas läuft da schief“, sagt Campins.

Manix Mandiola brachte Atlético Baleares in die Spur. Foto: Terrassa

Volckmann ließ zugleich ab 2017 die Ruine renovieren, in die sich das Estadi Balear mit der Zeit verwandelt hatte. Zur Saison 2019/2020 konnte Atlético Baleares vom Son Malferit, einem Kunstrasenplatz, der dem balearischen Fußballverband gehört, wieder ins Estadi Balear umziehen.

Seit vier Jahren kriselt es

Im Sommer 2020 übernahm der Katalane Jordi Roger das Steuer. „Ich will niemandem die Schuld in die Schuhe schieben. Seitdem ist es aber bergab gegangen“, sagt Campins. Wobei auch die Umstrukturierung der dritten Liga eine Rolle spielte. Aus der früheren Segunda Regional B mit vier Staffeln wurde die Primera RFEF mit zwei Gruppen. Die Anzahl an Drittligisten wurde mit 80 auf 40 halbiert. Dafür darf der Meister jeder Gruppe nun direkt aufsteigen. Das brachte Atlético Baleares bislang wenig. Denn der Club spielte seitdem gegen den Abstieg.

Jordi Roger war auf der Insel nicht sonderlich erfolgreich. Foto: Mielniezuk

Trotz eher schwacher Leistungen als Trainer genoss Jordi Roger eine Sonderstellung. Volckmann feuerte den Katalanen zwei Mal, stellte ihn aber umgehend wieder als Assistenten von Patrick Messow ein. Viele Fans machen das für den Kader verantwortliche Duo für den Untergang verantwortlich. Jedoch mussten sie mit einem Sparkurs klarkommen. Volckmann, der seit seinem Einstieg laut eigener Aussage 25 Millionen Euro in den Verein investierte, drehte den Geldhahn zu.

Bleibt Volckmann Eigentümer?

Stellt sich die Frage, wie es in der vierten Liga weitergeht. Zuletzt spielte Atlético Baleares in der Saison 2009/2010 in dieser Spielklasse. Der Wiederaufstieg sei schwieriger geworden, meint Ex-Trainer Mandiola. „Nach der Drittligareform spielen 40 ehemalige Drittligisten nun in der vierten Liga. Die Konkurrenz ist groß.“ Mit Sportdirektor Marc Julià und Trainer Jaume Mut sind nun zwei Mallorquiner für die Geschicke des Clubs verantwortlich. Patrick Messow rückt auf und wird neuer Geschäftsführer. Sein Boss Ingo Volckmann denkt mittlerweile laut darüber nach, den Club zu verkaufen und hört sich Angebote an. In der nächsten Saison will er aber noch dabei sein. Dann geht es gegen Teams wie Andratx und Formentera.

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