Mietwagen auf Mallorca: So viele Anbieter gibt es, so hart umkämpft ist der Markt

Trotz hohen Kostendrucks halten sich auf Mallorca immer noch Dutzende von Mietwagenfirmen. Daran verdienen auch immer größere einheimische Verleiher

Centauro gehört zu den Low-Cost-Anbietern.

Centauro gehört zu den Low-Cost-Anbietern. / Nele Bendgens

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Es gibt wohl wenige Orte auf der Welt, an denen der Mietwagenmarkt derart umkämpft ist wie auf den Balearen. Davon zeugen enorme Flotten, in diesem Jahr wieder Dumpingpreise und volle Straßen – Letzteres nicht nur, aber eben auch durch die rund 100.000 Mietwagen auf den Inseln. Um die Urlauber konkurrieren internationale Konzerne, aber auch mittelgroße mallorquinische Firmen von der Insel und kleine Familienunternehmen. Das ist dann David gegen Goliath, wenn lokale Anbieter in den Urlaubsorten gegen multinationale Unternehmen wie etwa Sixt oder Europcar antreten müssen.

Und dazu gibt es dann ähnlich wie im Flugverkehr noch die Billiganbieter, die auf anderen Wegen versuchen, mehr Geld pro Anmietung von den Kunden hereinzubekommen, etwa durch den mitunter auch aufdringlichen Verkauf von Zusatzversicherungen, der Abrechnung von angeblichen Schäden oder der zuweilen monatelangen Einbehaltung von Kautionen. Rund 170 verschiedene Mietwagenfirmen sind derzeit auf den Balearen vertreten.

Hartes Geschäft auf vier Rädern

Sixt ist einer der größten Anbieter auf der Insel. / Nele Bendgens

Die Großen

Die weltweit operierenden Konzerne kennt wohl fast jeder. Sie sind alle auf Mallorca präsent: Sixt, Hertz, Avis, Europcar und die dazugehörigen Low-Cost-Marken Thrifty, Dollar und Firefly (von Hertz), Budget (von Avis) und Interrent und Goldcar (von Europcar). Die Big Player der Autovermietung machen auf der Urlaubsinsel aber gar nicht den Löwenanteil der Flotte aus, wie Estanislao de la Mata, scheidender Vice President von Sixt in Spanien, sagt. „Auf den Balearen sind die Billiganbieter diejenigen mit den meisten Autos.“ Sprich, vor allem die spanischen Unternehmen, die mit Kampfpreisen an den Markt gehen. Die mit den größten Flotten sind auf Mallorca OK Mobility, Record Go, Centauro und Goldcar. Sie alle sind im Verband Baleval organisiert.

De la Mata geht davon aus, dass allein die vier letztgenannten Anbieter rund 60 Prozent des Gesamtumsatzes machen. Schon das macht deutlich, worauf es den Kunden ankommt: „Hier gewinnen die Anbieter, die auf Preis, Preis, Preis und sonst nichts setzen“, sagt de la Mata. Mit Sixt könne er gegen die Billiganbieter in diesem Punkt nicht mithalten. Behaupten könne sich das deutsche Unternehmen nur über Kundenzufriedenheit.

Hartes Geschäft auf vier Rädern

Click&Rent ist eine mallorquinische Firma, die schnell wächst. / Nele Bendgens

Zu den großen Firmen, die alle mindestens über mehrere Tausend Mietwagen verfügen, gehören aber auch noch andere Unternehmen, wie etwa Click&Rent, ein schnell wachsendes mallorquinisches Unternehmen, oder Wiber. Letzteres gründeten Manager des Low-Cost-Anbieters Record Go, die mit dem teils zweifelhaften Geschäftsgebaren des Billiganbieters und den chronischen Klagen über die Marke nichts mehr zu tun haben wollten.

Und es gibt noch weitere Firmen von den Balearen, die inzwischen eine stattliche Größe erreicht haben. Dazu gehören Roig und Hiper Rent a Car. Beide mallorquinischen Unternehmen sind dem Verband der großen Autovermieter auf den Inseln, Baleval, angeschlossen. Roig hatte vor einigen Jahren die bereits 1961 vom Deutschen Hasso Schützendorf gegründete Firma Hasso Rent a Car aufgekauft, die nach wie vor als eigenständige Marke existiert.

Die Mittelgroßen und Kleinen

In anderen Sphären geht es dann im Verband Aevab weiter. Dort organisieren sich 145 mittelgroße und kleine Firmen – 85 Prozent der Branche. Ramón Reus, der die Autovermietung Coches Reus betreibt, steht Aevab vor und versucht, gegen die Billiganbieter anzukommen. Das schafft er mit seinen 300 Autos einigermaßen, doch ganz kleine Anbieter mit zehn oder 15 Fahrzeugen müssen jeden Tag ums Überleben kämpfen, wie er sagt.

Die Margen in dem Geschäft sind gering. Je kleiner das Unternehmen, desto schwieriger ist es, rentabel zu arbeiten. „Wir überleben wirklich mehr schlecht als recht“, sagt eine Angestellte des kleinen lokalen Verleihs Autos Omega in Santa Ponça. Es sind die Stammkunden, die diese Betriebe retten. Ramón Reus beziffert ihren Anteil auf 45 bis 50 Prozent bei den Firmen, die er vertritt. Kundenzufriedenheit und räumliche Nähe zu Hotels verschafften diesen Firmen Vorteile.

Hartes Geschäft auf vier Rädern

Familienbetrieb: Autos Omega in Santa Ponça. / Nele Bendgens

Der Markt hat sich drastisch gewandelt

Estanislao de la Mata berichtet, dass es Ende der 1990er-Jahre rund 300 Mietwagenfirmen auf den Balearen gegeben habe, die allermeisten winzige Anbieter mit teilweise drei oder vier Autos. „Die Inhaber betrieben häufig eine Geldwechselstube, verkauften Postkarten und vermieteten dann auch noch ein paar Autos an Urlauber“, sagt de la Mata. Das Geschäft sei von den Eltern auf die Kinder übergegangen, es habe keine großen Einstiegshürden in das Business gegeben.

Das änderte sich dann rund um die Jahrtausendwende. Damals sind sehr viele kleine Firmen verschwunden. Es habe einfach „viel zu viele Autos gegeben“, sagt Ramón Reus. Die Nachfrage habe das nicht mehr hergegeben, viele Unternehmer hätten sich verspekuliert. Große Anbieter kauften kleine Firmen auf.

Heute haben die mittelgroßen Unternehmen meist zwischen 150 und 200 Autos im Angebot, wobei es nach oben keine Grenze gibt. Selbst, wer mehrere Tausend Fahrzeuge in seinem Fuhrpark hat, muss sich nicht automatisch dem Verband Baleval anschließen. Bestes Beispiel: Der ibizenkische Anbieter K10, der erst im vergangenen Jahr expandierte und nun auch auf Mallorca und Menorca in das Geschäft eingestiegen ist. K10 hat rund 2.000 Autos, gehört aber weiterhin zum Verband der kleinen und mittleren Unternehmen.

Der Markt und die Margen

Dass die Zahl der heute existierenden Firmen allerdings mehr oder weniger dem entspricht, was die Nachfrage hergibt, zeigt sich nach Einschätzung der befragten Experten unter anderem darin, dass es im Zuge der Corona-Pandemie keine einzige Pleite eines Anbieters auf den Balearen gab. „Zumindest ist mir kein Unternehmen bekannt“, sagt Ramón Reus. Und auch Frieder Bechtel weiß von keiner Firma, die aufgeben musste. Der umkämpfte Markt und der Druck, zusätzliche Einnahmen zu generieren, wirken sich dafür nachteilig auf den Kundenservice aus, zumindest bei manchen Anbietern.

In den vergangenen Jahren häufiger negativ aufgefallen ist in diesem Bereich OK Mobility, dem innerhalb von wenigen Jahren enorm gewachsenen Unternehmen von Othman Ktiri. OK Mobility ist inzwischen nach Einschätzung von Branchenkennern der Anbieter mit den meisten Fahrzeugen auf den Balearen. Und die Firma expandiert weiter, sowohl international als auch auf Mallorca.

So eröffnete das Unternehmen am Dienstagabend (18.6.) in Palma einen Showroom, in dem gebrauchte Autos für den Verkauf ausgestellt werden. Zu den Gästen zählte auch Palmas Bürgermeister Jaime Martínez. Auch was Lobbyarbeit angeht, ist Ktiri nicht schüchtern. Vor zwei Jahren ließ er sich zum Präsidenten des Verbandes der großen Mietwagenfirmen Baleval wählen. An einem Interview mit der MZ hat er laut den jeweiligen Sprechern weder als OK-Mobility-Chef noch als Verbandschef Interesse.

Zeit für ein Limit?

Sehr wohl spricht Ktiri aber mit der balearischen Landesregierung. Ende Mai traf er sich mit der zuständigen Ministerin Marta Vidal und betonte, dass die Mietwagen nicht an der Überfüllung der Inselstraßen schuld seien und die Lösung der Mobilitätsprobleme folglich nicht darin liege, die Zahl der Mietwagen zu beschränken. Bereits seit 2019 gibt es ein solches Limit auf Formentera, im kommenden Jahr soll es auch auf Ibiza anlaufen.

Auf der kleinsten Balearen-Insel dürfen zwischen dem 1. Juni und dem 30. September lediglich 10.458 Fahrzeuge unterwegs sein, davon 2.268 Mietwagen und 5.880 Mietmotorräder. Wer mit dem Auto auf die Insel reist, muss das zuvor beim Inselrat anmelden und einen Betrag ähnlich einer Kurtaxe zahlen. Kontrolliert wird die Anmeldung durch die Ortspolizei und Kameras, die über die Insel verteilt sind.

Ginge Ähnliches auch auf Mallorca? Unter dem Eindruck der Proteste um die Auswirkungen des Massentourismus hat Palmas Bürgermeister Jaime Martínez bereits Mietwagen-Restriktionen für den Stadtverkehr ins Spiel gebracht. Die Branche, so viel ist sicher, wird versuchen, das zu verhindern.