Andersherum geht auch: Wenn Deutsche auf Mallorca ihre Immobilien an Einheimische verkaufen

Einheimische, die ihre Häuser an Ausländer verkaufen, gibt es viele. Andersherum geht aber auch: drei Beispiele von Deutschen, die aus unterschiedlichen Gründen bewusst an Insulaner verkauften

Wer an wen verkauft, ist nicht nur eine Frage des Preises.

Wer an wen verkauft, ist nicht nur eine Frage des Preises. / Symbolfoto: Bendgens

Simone Werner

Simone Werner

Als der Kaufvertrag im Januar unterschrieben war, ist Valentina Schneider (Name von der Redaktion geändert) ein großer Stein vom Herzen gefallen. Es hatte geklappt. 2006 hatte die heute 49-Jährige in Bunyola gemeinsam ein Haus aus dem Jahr 1880 erworben – von einem Mallorquiner. Nun sollte es bewusst zurück in die Hände von Einheimischen gehen statt an ausländische Interessenten, unter denen auch einige von Schneiders deutschen Landsleuten waren. Im Visier als mögliche Käufer hatte sie von Anfang an ein junges mallorquinisches Paar. „Während ein Großteil der ausländischen Interessenten meist direkt auch nach der Ferienvermietungslizenz fragte, kannten die beiden Bunyola mit seinen Vor- und Nachteilen schon gut. Auch, was es bedeutet, in einem so alten Haus zu wohnen, war ihnen klar. Doch sie wollten genau das, und ich konnte mir sie von Anfang an sehr gut in meinem Haus vorstellen“, erzählt Valentina Schneider.

Günstigen Wohnraum bieten

Schnell stand für sie fest: Die Einheimischen bekommen den Zuschlag – zu dem ausgeschriebenen mehr als fairen Preis von 234.000 Euro. Der Gutachter hatte den Wert der Immobilie deutlich höher, mit über 270.000 Euro angegeben. „Wenn ich versucht hätte, das Haus über Immobilienbüros auf den ausländischen Markt zu bringen, hätten Interessenten diesen Preis bestimmt gezahlt“, ist sich Schneider sicher. Gekauft hatte sie das 84 Quadratmeter große Haus samt zehn Quadratmeter großer Terrasse und ebenso großem Häuschen im Garten damals für 187.000 Euro. Statt Makler hinzuziehen, hatte sie es selbst nur auf der bekannten spanischen Plattform Idealista eingestellt. „Gewinn habe ich mit dem Verkauf zu dem Preis sowieso gemacht. Warum hätte ich also noch mehr verlangen und so dazu beitragen sollen, dass die Leute auf der Insel sich Immobilien nicht mehr leisten können?“, fragt Schneider.

Sich vor Freunden rechtfertigen müssen

Für ihre Entscheidung musste sie sich vor vielen deutschsprachigen Freunden und Bekannten rechtfertigen. „Die meisten hätten sicherlich mehr Geld verlangt, und es wäre ihnen egal gewesen, wer das Haus bekommt und wie er es nutzt“, glaubt Schneider, die vor 30 Jahren nach dem Abitur auf die Insel kam und sich sehr mit Mallorca und den Problemen der Insel identifiziert, wie sie sagt. Der 49-Jährigen war es nicht nur ein Anliegen, jungen Einheimischen eine realistische Chance auf Wohnraum zu geben. Sie wollte so auch ihren Beitrag zur Erhaltung der Dorfgemeinschaft in Bunyola beisteuern. „Ich habe selbst lange dort gelebt und weiß: Das Dorf lebt von seinen Menschen und davon, dass sie am Dorfleben teilnehmen. Das wollte ich nicht zerstören, indem ich an jemanden verkaufe, der nur ab und zu da ist“, so Schneider.

Das sagt eine auf Immobilien- und Steuerrecht spezialisierte Anwältin

Transaktionen, bei denen Deutsche ihre Wohnungen oder Häuser an Einheimische verkaufen, gibt es eher selten, weiß die auf Immobilien- und Steuerrecht spezialisierten Anwältin Beatriz Morell Stemmler. Schon seit fast 20 Jahren ist die Deutsch-Mallorquinerin auf der Insel in diesem Bereich tätig. In jüngster Zeit hat sie immerhin gleich zwei Kunden betreut, die zumindest ihre Zweitimmobilie wieder an Mallorquiner verkauft haben.

Einen Ferienort erhalten

Einer von ihnen ist Klaus P. Der Mallorca-Liebhaber hat sich anfangs, das gibt er zu, keine Gedanken darüber gemacht, ob er seine Ferienwohnung nur an Mallorquiner verkaufen will. Das habe sich eher zufällig gegeben. Er sei nun aber zufrieden mit der Entscheidung.

Klaus P. hatte sein Ferienhaus in Colònia de Sant Jordi 2019 von einem Mallorquiner gekauft. Obwohl der Deutsche schon zuvor als Urlauber in dem Ferienort war, wusste er bis dahin nicht, dass viele Einheimische dort ein Wochenendhäuschen oder einen zweiten Wohnsitz haben. Erst seine Anwältin machte ihn darauf aufmerksam. „Wir haben uns in der 51 Quadratmeter großen Wohnung mit 30 Quadratmeter großer Terrasse an der Promenade und in dem Ort vor allem im Sommer sehr wohlgefühlt“, schwärmt der freiberufliche Unternehmensberater, der von überall aus arbeiten kann. Da er aber ein leidenschaftlicher Bergsteiger ist und die Serra de Tramuntana von Colònia de Sant Jordi ein gutes Stück weg ist, beschloss Klaus P., nach Palma zu wechseln. Im Januar kaufte er sich eine Dachterrassenwohnung im Stadtviertel Foners.

Wohnung schweren Herzens verkauft

Obwohl er an seiner Wohnung in Colònia de Sant Jordi hing, stellte er sie zum Verkauf. „Wir wären vielleicht zehn Tage pro Jahr dort gewesen. Es hätte wirklich keinen Sinn ergeben“, erzählt Klaus P. Auch er wandte sich bewusst nicht an einen Makler, stellte die circa 300.000 Euro teure Immobilie selbst bei Idealista ein. Das Interesse sei groß gewesen.

Es kommt eher selten vor, dass Deutsche ihre Immobilien an Mallorquiner verkaufen.

Es kommt eher selten vor, dass Deutsche ihre Immobilien an Mallorquiner verkaufen. / Symbolfoto: Bendgens

Den Zuschlag bekam ein junger Mann mit Schweizer Mutter und mallorquinischem Vater, der schon als Kind viel Zeit in Colònia de Sant Jordi verbracht hatte. „Obwohl die Wohnung mehrere Monate auf Idealista war, hat er sie innerhalb von nur einem Tag gekauft“, sagt Klaus P. zufrieden. „Auch wenn seine Familie die Wohnung womöglich nur als Wochenendhaus nutzt und ich daher niemandem mit Wohnraum geholfen habe: Ich weiß mittlerweile, wie gerne die Mallorquiner Colònia de Sant Jordi haben.“ Sehr oft habe er von Mallorquinern den Satz gehört: „Mein Onkel oder meine Tante hatte hier auch eine Wohnung.“

Diese Ferienort-Stimmung der Einheimischen wollte auch er aufrechterhalten. „Als ich damals in die Wohnanlage mit 13 Wohnungen gezogen bin, war ich der einzige Deutsche. Das fand ich super. Mittlerweile gibt es schon drei Deutsche“, sagt der 56-Jährige. Falls er seine 100 Quadratmeter große Wohnung in Palma irgendwann verkaufen sollte, würde er auch bis zu 15.000 Euro weniger nehmen, wenn ein Einheimischer an ihr interessiert ist. „Mir geht’s nicht um den letzten Euro. Aber Nationalität hin oder her: Wenn ich jemanden nicht riechen kann, entscheide ich mich für jemand anderen, selbst wenn die andere Person mir mehr Geld bietet“, stellt er klar.

Keinen Ärger mehr haben

Auch für Thorsten T. war beim Verkauf seiner Wohnung, einem Penthouse in Badia Blava (Gemeinde Llucmajor), nicht das höchste Kaufangebot entscheidend. Ausländische Interessenten hatten ihm 9.000 Euro mehr als den ausgeschriebenen Preis (circa 700.000 Euro) geboten. Letztlich verkaufte er aber an ein mallorquinisches Paar Anfang 50.

Rückblick: Zehn Jahre lang hatten Thorsten T. und seine Frau nach einer passenden Immobilie auf Mallorca gesucht. 2018 kauften sie das Penthouse. Sie nutzten die 116 Quadratmeter Wohnfläche und 60 Quadratmeter große Dachterrasse zunächst als Feriendomizil.

Schon früh hatte der Instrumentenbauer und gelernte Werkzeugmacher große Freude daran gehabt, Immobilien kernzusanieren und zu verkaufen. Auch in die Umgestaltung des Penthouses steckte er viel Herzblut, Schweiß und Zeit. Immer wieder gab es dabei auch wegen fehlender Genehmigungen Ärger. „Wir hatten dreimal Baustopp wegen kurioser Anzeigen von deutschsprachigen Nachbarn“, erzählt der 53-Jährige.

Langfristiges Zuhause statt nur Feriendomizil

Nach der Pandemie verbrachten seine Frau und er viel Zeit in Badia Blava, und sie beschlossen, bald fest auszuwandern. Doch es fehlte der Platz für die Werkstatt für den Instrumentenbau. Vor zwei Jahren wagten sich der angehende Resident und seine Frau daher an ein größeres Haus in Sa Torre heran. Dort will das Paar künftig leben und arbeiten.

Seither stand das Penthouse zum Verkauf. Eine Sache schreckte viele ausländische Interessenten jedoch ab: fehlende, endgültige Genehmigungen für die von Thorsten T. getätigten Umbauten. „Die mallorquinischen Interessenten haben sich statt an Fakten und Sicherheit an ihren Emotionen orientiert und wertschätzen die Arbeit an der Immobilie viel mehr. Sie wissen zudem von den langen Wartezeiten im Bauamt der Gemeinde, können die Lage besser einschätzen und waren daher entspannter“, sagt Thorsten T. „Uns war die Wertschätzung der Immobilie und der Umbauarbeiten wichtiger als das Geld“, betont er.

Abonnieren, um zu lesen