Wetterexperte erklärt: So kam es zu dem heftigen Regen am Flughafen Mallorca

Immer wieder ist auf der Insel vom Mikroklima die Rede. Hat es etwas damit zu tun?

Heftige Regenfälle am Flughafen Mallorca haben den Flugbetrieb am Dienstagnachmittag (11.6.) lahmgelegt.

Heftige Regenfälle am Flughafen Mallorca haben den Flugbetrieb am Dienstagnachmittag (11.6.) lahmgelegt. / DM

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Gefühlt scheint im Südwesten Mallorcas immer die Sonne. Die höchsten Temperaturen werden stets in Inca oder Sa Pobla erreicht. Und in den Bergen ist es fast immer kalt und windig. Punktuelle Wetterphänomene wie die heftigen Regenschauer am Flughafen in der vergangenen Woche sind keine Seltenheit. Landläufig wird das gerne auf das sogenannte Mikroklima Mallorcas geschoben. Doch was ist das eigentlich? Die MZ hat bei dem studierten Geografen und Wetterexperten Duncan Wingen nachgefragt.

Wie kann es sein, dass es am Flughafen in Strömen regnet und wenige Meter nebenan kaum ein Tropfen fällt?

Ein Wolkenbruch hielt sich hartnäckig über dem Flughafen und den Vierteln Es Pil·larí und Ciutat Jardí. Für Juni war es zwar ein Regenrekord, aber es gab weitaus schlimmere Unwetter: Am 3. Mai 2010 fielen 107 Liter pro Quadratmeter, am 4. September 2015 immerhin 35 Liter binnen zehn Minuten. Zum Vergleich: Jetzt waren es zehn Liter in zehn Minuten. Derartige Gewitter sind immer sehr lokal, der Regenvorhang ist schmal und trifft nur ein kleines Gebiet. Wenn die Regenwolken dann statisch sind, kann es zu Katastrophen kommen. Das bekannteste Beispiel ist die Flut von Sant Llorenç im Jahr 2018.

Warum fiel es dem Wetterdienst so schwer, das Unwetter vorherzusagen?

Je höher sich ein Unwetter in der Luft zusammenbraut und je länger es von Dauer ist, umso leichter ist es vorherzusagen. Wir Meteorologen sind daher bei Hurricanes relativ treffsicher und können Wochen vorher den Verlauf vorhersagen. Gewitter hingegen haben meist nur eine Lebensdauer von 30 bis 50 Minuten und bewegen sich recht tief. Wir können Anzeichen deuten, die darauf schließen lassen. Es genau zu verorten, ist aber unmöglich.

Was ist ein Mikroklima auf Mallorca?

Ist das sogenannte Mikroklima für derartig punktuelle Phänomene verantwortlich?

Nein, Mikroklima bedeutet, dass sich bestimmte meteorologische Bedingungen über viele Jahre in einem Gebiet halten. Wir reden hier von mindestens 30 Jahren, in denen wir uns die Temperaturen und Regenmengen anschauen müssten. Tatsächlich gehört der Flughafen Palma normalerweise zu einem der trockensten Gebiete der Stadt. Das Gewitter nun war die sprichwörtliche Ausnahme von der Regel. Normalerweise regnet es dort zwölf Liter im ganzen Juni. Es ist normalerweise nach Juli der zweittrockenste Monat des Jahres. Durch die Niederschläge nun wird es wohl der regenreichste des Jahres 2024.

Was ist nun ein Mikroklima auf Mallorca?

Die Senke, in der sich Lluc im Gebirge befindet, ist ein gutes Beispiel. Die kalte Luft senkt sich von den Bergspitzen ab und bleibt im Tal hängen. Dort sind die Nächte meist deutlich kühler als in benachbarten Gebieten.

Wie viele derartige Mikroklimazonen gibt es auf der Insel?

Für solch eine Aussage haben wir zu wenige Wetterstationen auf Mallorca. Sicherlich könnte man jedes Tal im Gebirge dazu zählen. Das hängt aber auch von der Höhe, den vorherrschenden Winden, den Sonnenstunden und vielen anderen Faktoren ab. Auch Palma kann man als Mikroklimazone einstufen. Im Stadtgebiet schwankt die Regenmenge je nach Viertel jährlich um 100 Liter pro Quadratmeter. Der Verkehr, die Industrie und die Wohnhäuser strahlen Wärme ab, weswegen in Palma die Temperaturen immer etwas höher liegen als anderswo auf der Insel.

Es sind nicht nur geografische Faktoren?

Wir reden von der Orografie, der Wissenschaft über die Anordnung von Gebirgen und das Fließverhältnis von Gewässern. Einfach erklärt: Eine Bergwand stellt für Winde ein Hindernis dar und beeinflusst so das Wetter. Das führt unter anderem zu enormen Schwankungen der Regenmenge. In diesem Jahr fielen beispielsweise in Badia Blava in Llucmajor 114 Liter pro Quadratmeter. In Son Massip, in der Gemeinde Escorca, sind es 754 Liter. Das ist sieben Mal mehr, obwohl beide Orte keine 50 Kilometer voneinander entfernt liegen.

Höchste Temperaturen immer in der Inselmitte

Liegt es am Mikroklima, dass in der Inselmitte immer die höchsten Temperaturen auf Mallorca erreicht werden?

Dafür ist das Gebiet zu groß. Dass es an den Küsten im Sommer kühler ist, liegt schlicht am Mittelmeer. Einzig einige Landzungen oder Kaps sind Mikroklimazonen. Wie das Cap de Capdepera, das vom Wasser umgeben ist.

Abonnieren, um zu lesen