Skandal um zerrissene Bilder von Franco-Opfern: Opposition verlässt das Parlament aus Protest

Ministerpräsidentin Marga Prohens brach am Donnerstag (20.6.) erstmals ihr Schweigen. Vor dem Parlament demonstrierten 450 Personen

Sozialisten-Fraktionschef Iago Negueruela am Donnerstag (20.6.) im Parlament, umgeben von Bildern der Franco-Opfer.

Sozialisten-Fraktionschef Iago Negueruela am Donnerstag (20.6.) im Parlament, umgeben von Bildern der Franco-Opfer. / Guillem Bosch

Der Eklat bei der Parlamentssitzung am Dienstag (18.6.), als der balearische Parlamentspräsident Gabriel Le Senne die Bilder von ermordeten Franco-Opfern zerrissen hat, schlägt auch zwei Tage später hohe Wellen. Am Donnerstagvormittag (20.6.) haben alle Oppositionsparteien den Plenarsaal während einer Rede von Ministerpräsidentin Marga Prohens verlassen. Damit drückten sie ihren Protest darüber aus, dass die regierende PP den rechtsextremen Politiker nach seinem Ausfall lediglich zu einer Entschuldigung aufgefordert hat und nicht zum Rücktritt gedrängt hat.

Le Senne greift nach dem Ausdruck der Fotos und zerfetzt ihn beim Entfernen vom Laptop der Abgeordneten Mercedes Garrido.  | FOTO: DM

Le Senne greift nach dem Ausdruck der Fotos und zerfetzt ihn beim Entfernen vom Laptop der Abgeordneten Mercedes Garrido. / DM

Zuvor waren die Politiker der Parteien PSOE, Més per Mallorca, Més per Menorca und Podemos mit T-Shirts und Bildern von den ermordeten Frauen, den so genannten "Roges des Molinar" (die Roten von Es Molinar), im Parlament erschienen. Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich derweil rund 450 Personen, die den Rücktritt von Le Senne forderten. Sie riefen unter anderem "Faschisten raus aus unseren Institutionen". Die oppositionellen Parlamentspolitiker schlossen sich der Kundgebung an.

Le Senne derweil entschuldigte sich vor dem Parlament für den Vorfall. "Ich bin wütend geworden und habe falsch gehandelt." Er beteuerte, kein Opfer zu hassen. Auch habe er den Opfern gegenüber nicht respektlos handeln wollen. Das Verlassen des Parlaments durch die Oppositionsparteien kommentierte er als "übertrieben".

Ministerpräsidentin bricht ihr Schweigen

Marga Prohens, die am Dienstag nach dem beispiellosen Vorgang eiligst den Plenarsaal verlassen und sich seither in Schweigen gehüllt hatte, äußerte sich derweil erstmals am Donnerstag zur Causa. Die konservative Politikerin erklärte, man dürfe nie den Respekt vor den Opfern verlieren, gerade von Ereignissen, die nie hätten stattfinden dürfen. Prohens drückte ihre "Abscheu" und ihr "Bedauern" über den Vorfall aus. "Alle müssen sich der Verantwortung ihres Amtes sein".

Sie erklärte, das Bild, das das Parlament am Dienstag abgegeben habe, entspreche nicht der Lebensrealität der Menschen. Zudem seien es nicht die Umgangsformen, die sich die Bürger und die Balearen-Regierung wünschten. Sie erklärte, es handele sich in keinem Fall um einen Einzelfall. "Wir hatten zuletzt zu viele Momente voller Spannung, Gereiztheit, Respektlosigkeit, persönlicher Angriffe und bedrohlicher Gesten". Sie forderte alle Beteiligten auf, die anstehende Sommerpause zu nutzen, um über ihr eigenes Verhalten nachzudenken. Die Balearen-Regierung werde selbiges tun.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Mittlerweile hat sich auch die Zentralregierung in den Fall eingeschaltet. Man habe die Staatsanwaltschaft damit beauftragt zu prüfen, inwieweit das Zerreißen von Fotos ein Hassdelikt darstelle, das gegen das Gesetz zur Vergangenheitsbewältigung verstoße, hieß es aus dem zuständigen Ministerium für Vergangenheitsbewältigung. /pss