Zerstörtes Foto von Franco-Opfern: die weitreichenden Folgen des Eklats auf Mallorca

Gabriel Le Senne, der Präsident des Balearen-Parlaments, steht weiter im Kreuzfeuer der Kritik. Die PP hält an ihm fest. Ausgestanden ist die Sache aber deswegen noch nicht

Le Senne.

Le Senne. / Europa Press

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Trotz des Skandals um die Zerstörung von Fotos von Franco-Opfern kann sich der Präsident des Balearen-Parlaments, Gabriel Le Senne von der Rechtspartei Vox, auf seinem Posten halten. Die regierende Volkspartei (PP), die auf die Stimmen von Vox für eine Mehrheit im Landesparlament angewiesen ist, will Le Senne nicht fallen lassen.

Daran änderte auch ein Angebot der oppositionellen Sozialisten nichts: Francina Armengol, frühere Ministerpräsidentin und jetzt Präsidentin des spanischen Parlaments, bot der PP am Dienstag (25.6.) einen Pakt an. Stimme die Volkspartei der Entlassung von Le Senne zu, werde man jeden anderen Kandidaten der PP für das Amt unterstützen und keine weiteren Forderungen damit verbinden, versprach Armengol.

Ministerpräsidentin Marga Prohens (PP) schlug das Angebot umgehend aus. Zwar geriet die PP-Politikerin damit spanienweit weiter in Rechtfertigungszwang. Eine Annahme hätte aber den Bruch mit Vox bedeutet, schließlich steht das Amt des Parlamentspräsidenten laut dem Regierungspakt der beiden Parteien den Rechtspopulisten zu. Offiziell hieß es, das Angebot sei „wenig glaubwürdig“. Armengol sollte lieber dazu beitragen, die „unerträgliche Spannung“ im Balearen-Parlament abzubauen, statt den Konflikt mit derlei Schachzügen weiter zu befeuern.

Wie es soweit kam

Die Situation war bei einer Parlamentssitzung am Dienstag vergangener Woche eskaliert, als über die von Vox initiierte Abschaffung eines Gesetzes zur Vergangenheitsbewältigung debattiert wurde. Im Präsidium vertretene Oppositionspolitiker hatten aus Protest Fotos von Personen mitgebracht, die von Franco-Schergen zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) ermordet worden waren, so die Kommunistin Aurora Picornell. Ohne Erfolg forderte Le Senne die Entfernung und legte schließlich selbst Hand an, wobei ein Foto zerriss. Zudem verwies er zwei Abgeordnete des Plenums. Die Szene fand spanienweit Beachtung. Le Senne sprach von einem Fehler, gab aber den Oppositionspolitikern die Schuld an der Eskalation.

Marga Prohens geht auf Distanz zu Le Senne (hinten), deckt ihn aber weiterhin. | FOTO: EUROPAPRESS

Marga Prohens geht auf Distanz zu Le Senne (hinten), deckt ihn aber weiterhin. / EUROPAPRESS

Die PP verurteilte den Eklat, Le Senne habe mit dem Zerreißen des Fotos einen „schweren Fehler“ begangen, sein Verhalten sei das eines Parlamentspräsidenten nicht würdig gewesen. Nachdem er dies eingesehen habe, gebe es aber keinen weiteren Handlungsbedarf. Seine Entlassung würde nur weitere Unruhe in der angespannten Situation zur Folge haben. So forderten nach dem Eklat von Le Senne knapp 500 Personen bei einer Kundgebung vor dem Balearen-Parlament dessen Entlassung. Ein Neffe der 1937 von Putschisten hingerichteten Aurora Picornell erklärte, das Verhalten von Le Senne komme einer erneuten „symbolischen Tötung“ seiner Tante gleich.

Inhaltlich auf Distanz mit der Regenbogenflagge

Ähnlich wie in anderen Regionen Spaniens, in denen die PP mit Vox regiert, schützt sie umstrittene Vertreter der Rechtspopulisten, um weiter auf deren Stimmen bauen zu können. Auch wenn Vox nicht Teil der balearischen Landesregierung ist, wird sie für Mehrheitsentscheidungen im Parlament benötigt.

Gleichzeitig ist Marga Prohens bemüht, sich inhaltlich von dem Juniorpartner und seinen radikalen Positionen zu distanzieren. Das gilt nicht nur für den Umgang mit den Franco-Opfern, sondern etwa auch gesellschaftspolitisch. Zur Gay Pride am 28. Juni wird trotz des Widerstands von Vox an allen Regierungsgebäuden die Regenbogenflagge gehisst, Symbol der LGTBI-Community. Man stehe für deren Rechte ein, so Prohens, der Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung sei weiter notwendig.

Am Rathaus ja, am Parlamentsgebäude nein: die Regenbogenflagge.

Regenbogen-Flagge am Rathaus. / DM

Wie es weitergeht

In jedem Fall ist die Sache für Le Senne noch nicht ausgestanden. So läuft inzwischen eine Anzeige der spanischen Zentralregierung gegen den Politiker wegen eines Hassdelikts. Je nach Interpretation der Staatsanwaltschaft könnte er seines Amtes entbunden werden. Und auch für die PP bleibt es spannend: Es ist absehbar, dass Vox auch in Zukunft kein pflegeleichter Regierungspartner sein dürfte.

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