Wo kommen all die Gästebetten in der Ferienvermietung auf Mallorca her?

Die private Vermietung an Urlauber auf der Insel hat seit 2012 extrem an Beliebtheit gewonnen. Inzwischen gibt es 104.126 Gästeplätze in diesen Unterkünften. Doch wie kam es dazu – und wo sind die Hotspots auf der Insel?

Immer noch werden viele Apartments in Palma an Urlauber vermietet - obwohl das lange schon verboten ist.

Immer noch werden viele Apartments in Palma an Urlauber vermietet - obwohl das lange schon verboten ist. / Symbolfoto: Nele Bendgens

Die Ferienvermietung ist auf Mallorca außer Kontrolle geraten. Das wird deutlich, wenn man die Zahl der gemeldeten Gästebetten 2024 mit der Zahl von vor gerade einmal zwölf Jahren vergleicht. Inzwischen gibt es auf der Insel nach den offiziellen Daten des Inselrats 17.026 private Ferienunterkünfte. Das ist mehr als fünf Mal so viel wie im Jahr 2012, als 3.392 gemeldete Ferienwohnungen bekannt waren.

Die Zahl der Gästebetten hat sich in diesem Zeitraum von offiziell 17.571 auf heute 104.126 Betten etwa versechsfacht. Die Zahl der Hotels und der Betten in diesen Unterkünften ist dagegen kaum gewachsen. Allerdings sind es mit 308.034 Plätzen in 1.833 Hotels weiterhin deutlich mehr als in der Ferienvermietung.

Politiker schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu

Bei Nachforschungen, wie es dazu kommen konnte, schieben sich die politischen Akteure, die in den vergangenen zwölf Jahren am Ruder waren, gegenseitig die Schuld zu. Fakt ist, dass die Balearen 2012 zu Beginn des Booms der Ferienvermietung von der konservativen Volkspartei (PP) regiert wurde. Diese legte die Ley Delgado auf, ein Tourismusgesetz, das nach dem damaligen Minister Carlos Delgado benannt ist.

Es erleichterte die bis dato wenig verbreitete Ferienvermietung und ließ den Inselräten die Möglichkeit, strengere Regeln zu erlassen. Das allerdings wurde kaum in Anspruch genommen. Heute wird die Ley Delgado von Kritikern verantwortlich gemacht für die drastische Zunahme an Ferienwohnungen, die vielen Menschen kurz nach der Finanzkrise eine zusätzliche Einnahmequelle bot. Ein regelrechtes Geschäftsmodell war geboren. Und ist heute sehr schwer zu beschränken.

Zwei Grafiken zeigen deutlich die Entwicklung der Ferienvermietung auf Mallorca.

Zwei Grafiken zeigen deutlich die Entwicklung der Ferienvermietung auf Mallorca. / B. Bonal

Angeblich keine andere Möglichkeit gehabt

Der sozialistische Abgeordnete und Wirtschaftswissenschaftler Llorenç Pou sagt, die Ley Delgado habe 120.000 Gästebetten „geschaffen“– sowohl in der Ferienvermietung, als auch in den Hotels. Die Hälfte sei zwischen 2012 und 2015 genehmigt worden, die andere Hälfte nach dem Regierungswechsel hin zum Linkspakt. Das Gesetz sei so ausformuliert gewesen, dass die nachfolgende Linksregierung gar keine andere Möglichkeit gehabt habe, als die Gästebetten zu autorisieren.

Die Ferienvermietung erlebte vor allem zwischen 2016 und 2018 einen Boom, bereits unter der ersten Regierung der Sozialistin Francina Armengol. Damals wuchs die Zahl der Gästebetten in den Ferienunterkünften auf der Insel von 38.215 auf 90.407 an. Nach Ansicht der Sozialisten eine direkte Folge der Ley Delgado. Das Regelwerk habe die Ferienvermietung „komplett dereguliert“. Die Vermieter waren nicht einmal mehr verpflichtet, ihre Registernummer anzugeben, wenn sie ihre Immobilie im Internet anboten.

"Lasches Gesetz"

So war der legalen Vermietung Tür und Tor geöffnet, und die illegale wurde weitgehend hingenommen. „Das Gesetz von 2012 bietet kaum Ansatzpunkte, um gegen die illegale Vermietung vorzugehen“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Eduard Alonso von der Balearen-Universität (UIB) gegenüber dem „Diario de Mallorca“. Der frühere Tourismus-Generaldirektor Toni Sansó bestätigt, dass er nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte 2015 mit der Ley Delgado ein sehr „lasches Gesetz“ vorfand.

So legte die erste Linksregierung (2015–2019) unter der Ägide von Tourismusminister Biel Barceló ein neues Dekret auf, das die Ferienvermietung ein Stück weit regulieren sollte. Unter anderem sah das Regelwerk vor, dass Gästebetten, die abgemeldet wurden, aus der Bettenbörse verschwanden. Mit dieser Maßnahme sollte das Angebot an Betten schrumpfen. „Die Realität hat uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Sansó.

Aussicht auf ein Moratorium führt zu Flut von Anträgen

Eine erste Erhebung 2016 ergab, dass 120.000 Gästebetten in der privaten Ferienvermietung vermarktet wurden. Allerdings wurden offiziell nur 50.000 Betten gezählt. „Wir haben dann darauf hingewiesen, dass die Betten an der Bettenbörse gekauft werden müssen, und zwei Jahre lang gab es eine nie gesehene Lawine an Anträgen“, berichtet Sansó. Vor allem auch deshalb, weil sich das Moratorium für die Vergabe von Lizenzen abzeichnete, das die Linksregierung 2020 beschloss und das heute weiterhin in Kraft ist. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Linksregierung erstmals Ferienvermietung in Apartments erlaubte.

Wirtschaftswissenschaftler Eduard Alonso gibt dem Dekret der Linksregierung denn auch einen großen Teil der Schuld am Boom der Ferienvermietung. Zwar seien mit dem Dekret von 2017 theoretisch mehr Möglichkeiten vorgesehen gewesen, die Ferienvermietung einzudämmen. Allerdings glaubt Alonso, dass die Linksregierung nicht wirklich dahinterher war.

Es habe gar einen Paradigmenwechsel hin zu einer großzügigeren Interpretation der Regeln gegeben, so denn die Immobilie bestimmte Bedingungen erfüllte, wie etwa, dass die Eigentümergemeinschaft zustimmte oder dass sich das Grundstück nicht in geschütztem ländlichen Gebiet befand.

Mehr Kontrollen?

Inzwischen schaue die Politik genauer hin, so Anwalt Javier Blas, der bei Illeslex Abogados auf den Bereich Tourismus spezialisiert ist. Es gebe seit dem Regierungswechsel 2023 im Inselrat „mehr Ressourcen für Inspektionen und wohl mehr politischen Willen, die illegale Ferienvermietung einzudämmen“. Gleichzeitig würden auch die Möglichkeiten, illegale Wohnungen anzubieten, größer.

Ein wenig Hoffnung macht Blas eine noch von Spanien umzusetzende EU-Richtlinie, die die großen Plattformen wie Airbnb dazu verpflichtet, die Daten der Vermieter mit den Behörden zu teilen.

Wo sind die ganzen Betten?

Die private Ferienvermietung ist derweil recht ungleichmäßig über die Insel verteilt. An der Spitze steht mit weitem Abstand Pollença mit 14.298 Gästebetten, das sind bereits mehr als zehn Prozent der gesamten Betten auf Mallorca. Dahinter folgen mit Alcúdia (8.444 Betten) und Santanyí (7.825 Betten) zwei weitere Urlauberhochburgen. Palma hat mit 4.355 vergleichsweise wenige Gästebetten, allerdings gibt es in Palma kaum Einfamilienhäuser. Vor zwölf Jahren standen laut offiziellen Zahlen nur 91 Betten in der privaten Ferienvermietung in Palma zur Verfügung.

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